"The Flash": Verdoppelte DC-Helden in der Alternativwelt
FFFLSSSSHhhh – und aus! Das wäre der Film in Flash-Geschwindigkeit gewesen. Zum Glück ist niemand auf die Idee gekommen, ihn mit diesem Tempo im Kino abzuspielen, denn sonst hätten selbst die Aufmerksamsten von uns vieles nicht mitbekommen – und das wäre bei diesem Werk schade gewesen. "The Flash" ist zwar durchaus nicht perfekt, hat aber Unterhaltungswert und etliche Überraschungen zu bieten.
Ezra Miller mag zuletzt durch seltsame Verhaltensweisen in seinem Privatleben für Aufsehen gesorgt haben, doch als "The Flash" weiß er genau, was er tut und saust bereits seit einigen Jahren durchs DCU. Bisher nur als einer von vielen Superheld:innen, aber nun erhält er endlich seinen eigenen Film.
Erst Justice League, dann Zeitreise
Der junge Barry Allen arbeitet für die Polizei und ist in seiner anderen Identität als The Flash nach wie vor Mitglied der Justice League. Darum dürfen wir auch mit Gastauftritten seiner starken Kolleg:innen rechnen – und gerade Wonder Woman hat sich in letzter Zeit darauf spezialisiert, einfach mal kurz vorbeizuschauen, wie man dank "Shazam 2" weiß.
Doch dann fasst Barry leider einen folgenschweren Entschluss. Nicht nur das MCU verfügt gerade über durcheinandergeratene Zeitstränge (Stichwort: Multiversum), sondern auch bei der Comic-Konkurrenz geht es jetzt richtig kompliziert zu. Was soll dabei auch Gutes herauskommen, wenn jemand mittels Zeitreise die Vergangenheit beeinflussen will?
Immerhin hat The Flash nur die besten Absichten, da er seine Mutter vor dem Tod bewahren und seinem Vater eine ungerechtfertigte Mordanklage ersparen will. Leider bringt er aber durch sein Raum-Zeit-Geflitze die Realitäten durcheinander und landet in einer Alternativwelt, wo General Zod (Michael Shannon) den Planeten bedroht und es keine Superheld:innen gibt, die das verhindern könnten.
Michael Keatons grandioses Comeback
Moment, das stimmt zum Glück nicht ganz: Vor allem Michael Keatons triumphale Rückkehr in der Rolle des alt gewordenen Batman zeichnet dieses Comic-Epos nämlich aus. Allein sein erster Wieder-Auftritt in der Küche von Wayne Manor ist genial in Szene gesetzt (und vielleicht verrät er uns irgendwann auch noch sein Pastarezept!). Die Bathöhle ist zwar ziemlich verstaubt, aber das typische Equipment funktioniert tadellos; und so wirft sich dieser Batman, noch immer in Bestform, erneut mitten ins Kampfgetümmel. Man möchte gar nicht glauben, dass Keaton zuletzt vor 30 Jahren das Fledermauskostüm getragen hat.
Ein doppelter Flash
Ezra Miller hat übrigens diesmal besonders viel zu tun, weil es Barry aufgrund einer Zeitparadoxie plötzlich doppelt gibt und The Flash mit seinem jüngeren Selbst zusammenarbeiten muss. Doch auch alleine kommt er lässig mit den größten Katastrophen klar, wie uns die besonders gelungene Anfangsszene beweist: Da wird der ewig hungrige Held während des Wartens auf eine Essensbestellung nach Gotham City gerufen, um dort ein vom Einsturz bedrohtes Gebäude zu evakuieren. An dieser Stelle soll natürlich nicht zu viel verraten werden, aber es geht wirklich sehr wild zu, denn immerhin fliegen bald Babys, eine Krankenschwester und ein Rettungshund durch die Luft! ...
Alternative Comic-Geschichte
Eigentlich wirkt die aktuelle Story wie eine Episode aus der Marvel-Serie "What if…". Auch hier wird ständig durchgespielt, was sich ergeben hätte, wenn diese oder jene Wendung eingetreten wäre bzw. der eine oder andere Superheld nun in veränderter Gestalt daherkommt. Und der besondere Clou: Als Auslöser dieses Riesenschlamassels hat bei "The Flash" eine banale Tomatendose aus dem Supermarkt gedient.
Auch in anderer Hinsicht kann sich das DCU offenbar von seiner Konkurrenz nicht lösen: Während es in den letzten Spider-Man-Filmen – egal ob animiert oder in Realform – immer wieder zu einem Treffen der Generationen gekommen ist und mehrere Jahrzehnte Comic-Geschichte durch die Wiederkehr vertrauter Gesichter gefeiert wurden, geht auch "The Flash" nach genau diesem Muster vor. Nur konzentriert sich hier eben alles auf Supermans und Batmans Welt. DC-Fans werden jedenfalls an manchen Stellen garantiert mit leuchtenden Augen im Kino sitzen.
Endlose Kämpfe
Das Drehbuch verlässt sich dann aber doch eine Spur zu sehr auf solche alten Herrlichkeiten und Wiedererkennungseffekte, weil es gar nicht genug davon unterbringen kann. Eigentlich wirkt es so, als wollte DC um jeden Preis ebenfalls ein Multiversum haben. Auch inszenatorisch gibt es schwächere Momente: Regisseur Andy Muschietti, dessen beiden "Es"-Filme nach Stephen Kings Roman bereits ziemlich bombastisch waren, legt hier erst richtig los – und das in manchen Szenen leider viel zu sehr. Vor allem der Mittelteil hält eine scheinbar endlos lange Kampfszene gegen General Zod und dessen Invasions-Armeen parat, bei der Menschen, Aliens und Superhelden in stereotyper Weise aufeinander schießen oder einprügeln (wobei die Menschen natürlich im Nachteil sind).
Gerade solche effekthascherischen Krawall-Spektakel lassen dann nachvollziehbar werden, weshalb manche Menschen Comicverfilmungen als viel zu eindimensional und langweilig empfinden, obwohl "The Flash" so viel mehr zu bieten hätte.
Wie bereits anfangs gesagt: FFFLSSSSHhhh wäre eindeutig zu kurz gewesen – aber FFFFFFLLLLSSSSSssssHHHhhhh hätte auch gereicht.
3 ½ von 5 rettungsbedürftigen Rettungshunden
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