"The Amateur"-Kritik: Anti-Bond im etwas anderen Agenten-Thriller

Szene aus "The Amateur"

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Rami Malek ist zwar wirklich kein Kraftprotz und sieht eher unscheinbar aus, doch man sollte ihn besser nicht reizen – und wer will sich schon mit einem ehemaligen Bond-Schurken anlegen? Im Agenten-Thriller "The Amateur" spielt er den Computer-Nerd Charles Heller, der für den CIA als Decoder arbeitet, aber von Nahkampftechnik absolut keine Ahnung hat.
Als jedoch seine Frau (Rachel Brosnahan) von Terroristen in London heimtückisch ermordet wird, entwickelt er sich zum gefährlichen Gegner, denn er kennt nur noch ein Ziel: Rache um jeden Preis. Und da er ein helles Köpfen hat, tritt er den Beweis an, dass ein hoher IQ der brutalen Muskelkraft jederzeit überlegen ist. Charles verlässt sein ruhigen Kellerbüro und startet - gegen den Willen seiner Vorgesetzten - einen Rachefeldzug, der ihn um die halbe Welt führen wird.

Szene aus "The Amateur"
Der Wert des Lebens
In Sachen Agenten-Alltag und Realismus hat sich ja bereits die "Bourne"-Reihe hervorgetan. Doch dort wird immerhin noch sehr oft gekämpft und getötet. "The Amateur" geht stattdessen einen Schritt weiter – oder besser gesagt: tritt einen Schritt zurück. Während in einem typischen Action-Thriller das Töten als selbstverständliche Tat erscheint, die man fast nebenbei erledigt, wird hier der Wert des Lebens wirklich geschätzt und wir bekommen mit, was es bedeutet, jemandem den Tod zu wünschen. Als Charles dem Mörder seiner Frau dann tatsächlich gegenübersteht wird dieser Showdown komplett anders verlaufen, als man das vorhersehen könnte.

Szene aus "The Amateur"
Das genaue Gegenteil zu 007
Realismus wird auch geboten, wenn wir die Detektivarbeit des Decoders mitverfolgen dürfen – dieser Charlie wirkt wie ein zeitgemäßer Sherlock Holmes, wenn er Kamerabilder analysiert und ihnen auch noch die unscheinbarsten Hinweise entlockt. Für diesen reinen Bürojob scheint er geboren zu sein, denn sobald er von der Routine abweicht, schlägt sich das bei ihm körperlich nieder. Kaum ist er zu seinen Vorgesetzten auf Konfrontationskurs gegangen und hat ihnen seine Forderungen präsentiert, nimmt ihn die Aufregung dermaßen mit, dass er sich gleich danach auf dem Parkplatz übergeben muss.
Sowas wäre einem 007 nie im Leben passiert. Malek stellt in dieser Rolle tatsächlich einen absoluten Anti-Bond dar – und das ist gut so. Mit Schusswaffen hat er nichts zu schaffen, kämpferisch kann er sich höchstens gegen eine bereits geschwächte Frau behaupten, und Womanizer ist er sowieso keiner – da muss schon die Witwe eines Agenten die Initiative ergreifen und sich zum Kuscheln neben ihn auf die Schlafcouch legen.

Szene aus "The Amateur"
Fishburne als Mann fürs Grobe
Malik bietet hier eine großartige Performance und erweckt den menschenscheuen Eigenbrötler und versponnene Bastler mit jeder noch so kleinen und verhaltenen Geste tatsächlich zum Leben – und wenn er die Nachricht vom Tod seiner Frau verarbeiten muss, leiden wir mit ihm. Die Männer fürs Grobe sind in diesem Film hingegen Laurence Fishburne, der in einer Hotelwäscherei auch den einzigen harten Fight hinlegen darf, und Jon Bernthal, dessen Agent zwar zurückhaltend auftritt, aber eine kaum unterdrückte Gefährlichkeit ausstrahlt und dem Bond-Ideal somit noch am nächsten kommt (was hat man vom Punisher auch anderes zu erwarten?).
Regisseur James Hawes hat sich durch einen Roman von Robert Littell inspirieren lassen und inszeniert einen etwas andere Agenten-Thriller, der solide, spannend, überraschend und hervorragend gespielt ist. Der Film hat das Zeug zu einer Fortsetzung und wir sehen Charles Heller gerne wieder, falls er bis dahin seinen amateurhaften Charme nicht eingebüßt hat.
4'#~rpv* [4 von 5 decodierten Geheimpunkten]
"The Amateur" ist derzeit in unseren Kinos zu sehen. Hier geht's zu den Spielzeiten!

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