"Teenage Bounty Hunters": Netflix-Satire mit sündhafter Action und frechem Humor
"Teenage Bounty Hunters" klingt wie ein billiges Trash-Movie-Machwerk. Zweifelsohne spielt die neue Netflix-Serie des "Orange is the New Black"-Produzenten Jenji Kohan mit typischen B-Movie-Mustern. Aber schnell wird klar, dass es sich bei der durchgeknallten Comedy-Serie um einen smarten Genre-Mix handelt. Schon in den ersten 20 Minuten füllt die Serie den Titel mit sündhaftem Leben und macht eindrucksvoll klar, was hier abgeht: Die beiden Zwillingsschwestern Sterling (Maddie Phillips) und Blair (Anjelica Bette Fellini), beide Vorzeigeschülerinnen auf einer elitären und streng christlichen Highschool in Atlanta, machen gerade mit ihren Freunden im Auto rum. Sterling verliert dabei sogar ihre Jungfräulichkeit, was ihre rebellische Schwester Blair vor Neid erblassen lässt. Aber sie ist noch nicht soweit. Auf dem Nachhauseweg mit Papas SUV kollidieren die Energie-geladenen Schwestern mit dem Auto eines Kautionsflüchtlings, hinter dem der schwarze und etwas dickliche Kopfgeldjäger Bowser (Kadeem Hardison) her ist. Die Mädels, sportlich und im Umgang mit Schusswaffen geschult, helfen den zu Fuß fliehenden Mann dingfest zu machen – und geben sich geistesgegenwärtig selbst als jugendliche Kopfgeldjägerinnen aus, Teenage Bounty Hunters eben! Später steigen sie aus Lust am Abenteuer und weil sie Papas geschrotteten SUV aus eigener Tasche bezahlen müssen, bei Bowser ins Bounty Hunter Business ein.
Smarter Genre-Mix und freche Religionssatire
Die lebhafte Serie springt von Genre zu Genre. Im einen Moment ist "Teenage Bounty Hunters" eine Highschool-Romanze, dann doch mehr Coming-of-Age-Drama, dann wieder durchgeknallte Slapstick und immer wieder auch rasante Action. Aber durch sämtliche Genre-Elemente zieht sich immer freche Satire. Im Wesentlichen ist die Netflix-Serie eine schamlose Satire auf das abgehobene Leben evangelikaler Gemeinden im Süden der USA, die vornehmlich weiß, reich, elitär und durch und durch christlich sind.
Allerdings ist die Art und Weise wie Drehbuchautorin und Showrunnerin Kathleen Jordan sich über das Thema Religion lustig macht niemals abfällig oder bösartig, nur bissig und frech. Es war daher sicherlich auch eine gute Idee das erste Wort des ursprünglichen Originaltitels "Slutty Teenage Bounty Hunters" zu streichen. Denn Sterling und Blair sind niemals "slutty", also "nuttig", sondern selbst durchaus religiös - auch wenn sie mit dieser Spiritualität sehr individuell umgehen. Das mag aus europäisch-aufgeklärter Sicht seltsam wirken. Es macht aber die Charaktere glaubwürdig und vermeidet das Abdriften in ein pures Trash-Movie, dem das christliche Umfeld nur als skurrile Kulisse dient. Vielmehr werden religiöse Themen und Probleme ebenso smart behandelt wie Sexualität und andere Teenager-Probleme. Gerade beim Thema Sexualität ist natürlich aus Sicht konservativer Christen das Wort "slutty" schnell im Spiel, wenn christliche Moralvorstellungen in Frage gestellt werden – vor allem von Frauen. Im Kontrast zu dieser Welt wird das Wort daher in der Serie von Sterling und Blair oft als freches Synonym für "cool" oder "verwegen" verwendet.
Dynamische Action-Zwillingsschwestern
"Teenage Bounty Hunters" wäre aber nur halb so gut, wenn Sterling und Blair nicht so ein Energie-geladenes Duo wären, hervorragend geschrieben und großartig besetzt. Maddie Phillips und Anjelica Bette Fellini erfüllen das dynamische Zwillingspaar glaubwürdig mit Leben. Sterling ist eine Musterschülerin und – obwohl sie es gar nicht will, aber sich dennoch geehrt fühlt – zur Sprecherin der Christen-AG auf ihrer Schule gewählt worden. Das macht sie zur natürlichen Gegenspielerin ihrer Mitschülerin, die den Posten auch gerne übernommen hätte. Außerdem ist Sterling ein Waffennarr. Sie kann mit jeder Schusswaffe hantieren und hat auch immer eine – oder mehrere – dabei. Die quirrlige Blair ist die spontanere Zwillingsschwester. Sie stürzt sich ohne lange nachzudenken in jedes Abenteuer, was nicht immer gut ausgeht – insbesondere im neuen Job als Bounty Hunter.
Die Zwillingsschwestern sind eine Clique für sich. Immer wieder führen sie Zwiegespräche im Highspeed-Modus, die klarmachen, dass sie auf einer Wellenlänge liegen. Wenn sie sich in ihrer eigenen Bubble miteinander unterhalten, steigen andere schnell einmal aus. Insbesondere der mürrische Bowser, der neben seiner Tätigkeit als Bounty Hunter einen Eissalon betreibt. Dort fangen die Schwestern – als Fassade für ihr neues Doppelleben und zur Verwunderung ihrer Eltern – zu Arbeiten an.
"Teenage Bounty Hunters" ist – gerade wegen des generischen Titles – ein unerwartetes Vergnügen für Genrefans, das ein wenig an die Kultserie "Buffy" erinnert: ähnlich quirrlig, aber ohne Dämonen.
"Teenage Bounty Hunters" ist bei Netflix zu sehen.