"Rocketman" auf ORF 1: Das Elton-John-Biopic zündet nicht

"Rocketman" auf ORF 1: Das Elton-John-Biopic zündet nicht
Das knallbunt inszenierte Musical will den Menschen hinter der Kunstfigur zeigen, bleibt dafür aber zu klischeehaft.

Taron Egerton stürmt am Anfang von "Rocketman" in einem knallbunten Teufelskostüm in eine Therapiegruppe: "Mein Name ist Elton Hercules John, …", sagt er und lässt dann keinen in der Runde mehr zu Wort kommen. Alkoholiker, Kokain, Sex, Bulimie, Shoppingsucht. Das volle Programm. Wie es sich für einen anständigen Rockstar gehört. In diese Runde kehren wir immer wieder zurück, wenn uns Sir Elton John sein Leben erzählt. Am Schluss sitzt Egerton nicht mehr als Elton John im knallbunten Kostüm in der Runde, sondern als Reginald Kenneth Dwight im Morgenmantel.

Es hätte ein Seelen-Strip werden sollen: Doch trotz der in schöne Bilder gefassten Symbolik wird nichts daraus. Es bleibt bei oberflächlichen Klischees von Sex, Drugs & Rock'n'Roll. Der Mensch hinter dem Popstar kommt nicht wirklich zum Vorschein.

Woran liegt das?

 

"Rocketman" auf ORF 1: Das Elton-John-Biopic zündet nicht

Kein Biopic, sondern Fantasy-Musical

Es liegt wohl nicht an Regisseur Dexter Fletcher. Er hat gerade erst "Bohemian Rhapsody" vollendet, nachdem der ursprüngliche Regisseur Bryan Singer gefeuert wurde. Das ist wohl auch der Grund, warum Hauptdarsteller Taron Egerton ("Kingsmen – The Secret Service") betont hat, dass die beiden Filme nicht vergleichbar sind. "Bohemian Rhapsody" ist ein mehrfach preisgekröntes Biopic, in dem die Stimme von Freddie Mercury und die Originalmusik von Queen zu hören ist. In "Rocketman" singt hingegen Egerton selbst die Songs von Elton John. Es ist ein Fantasy-Musical auf der Grundlage des Lebens des Popstars.

"Rocketman" auf ORF 1: Das Elton-John-Biopic zündet nicht

Es liegt auch nicht am Hauptdarsteller: Egerton kann tatsächlich singen. Aber die Songs von Elton John klingen dann doch anders. Und er spielt sich die Seele aus dem Leib wie nie zuvor. Aber Egerton sieht nicht wirklich wie der junge Elton John aus. Auch die restliche Besetzung kann sich sehen lassen: Bryce Dallas Howard als Mutter Sheila, Jamie Bell als Freund und Songtexter Bernie Taupin, Richard Madden als Manager John Reid.

Vor allem Egerton macht aber die Musical-Dramaturgie immer wieder einen Strich durch die Rechnung, wenn es zu bewegenden Momenten kommt. Die Sehnsucht nach Anerkennung durch den lieblosen Vater, die Zurückweisung durch die narzisstische Mutter und die Wertschätzung durch die fürsorgliche Großmutter. Immer wieder werden diese Momente durch den Wechsel in den beinahe satirischen Musical-Modus förmlich abgewürgt. Eigentlich sollte die Musik die Emotion verstärken, hier geschieht das Gegenteil.

 

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Es liegt auch nicht an der visuellen Inszenierung, denn die ist sogar großartig. Das Filmplakat ist ein Foto des kultigen Star-Fotografen David LaChapelle. Überhaupt könnte der gesamte Film ein in Bewegung geratenes, typisch knallbuntes Meisterwerk von LaChapelle sein. Besondere Momente und innere Gemütszustände werden in fantastische Bilder verwandelt.

Beispielsweise der erste US-Auftritt im Jahr 1970 im legendären Club "Troubadour" von Doug Weston (Tate Donovan) in Los Angeles: Beim Song "Crocodile Rock" schwebt Elton John über dem Klavier, aber im Kinosaal hebt sich die Stimmung kaum. So bleibt es auch den ganzen Film. Die großartigen visuellen Effekte werden emotional nie auf den Boden gebracht. Es wirkt als wolle der Film dem Publikum vorschreiben, was es in diesen Momenten fühlen soll.

Und damit sind wir beim eigentlichen Problem.

 

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Emotional zündet Rocketman einfach nicht

"Sogar wenn der Film keinen Penny einspielt, ist es genau der Film, den ich machen wollte – und das passiert nicht oft", sagte Elton John bei der Premiere des Films in Cannes. Denn Elton John ist auch der Produzent des Films, sein Ehemann David Furnish wird als ausführender Produzent genannt.

Vielleicht liegt es daran, dass "Rocketman" eine knallbunte Popshow bleibt, die über den Menschen nicht viel Neues erzählt. Eine Fassade klischeehafter Übertreibung verhindert das echte Emotionen durchdringen. Insgesamt entsteht eher das Gefühl, dass dem Publikum das "offizielle Vermächtnis" des Künstlers verkündet werden soll. So wie er sich selber sieht. Doch es fehlt die kritische Distanz.

Auf jeden Fall kann "Rocketman" aber wahren "Elton John"-Fans mit Affinität zum Musicalfilm als Kinoerlebnis ans Herz gelegt werden.

"Rocketman" ist auf ORF 1 am 27. März um 20:15 zu sehen.