"Oppenheimer": Christopher Nolan legt bombastisches Meisterwerk vor
Da ist er endlich! Zwei Jahre mussten Fans warten, nun hat Christopher Nolan nach "Tenet" seinen neuesten Blockbuster veröffentlicht. Zeitgleich mit "Barbie" erscheint "Oppenheimer", einer der am heißesten erwarteten Filme des Jahres. Hält das Drama, was die atemberaubenden Trailer vorab versprochen haben? Was erwartet Zuschauer:innen bei dem neuen Blockbuster mit Cillian Murphy in der titelgebenden Hauptrolle?
Hier unsere Kritik zu "Oppenheimer":
Worum geht's in "Oppenheimer"?
Das Biopic (basierend auf der Oppenheimer-Biografie von Kai Bird und Martin S. Sherwin) handelt vom Leben von J. Robert Oppenheimer (Cillian Murphy) und umfasst 45 Jahre: angefangen bei seiner Studienzeit in Europa (Cambridge, Göttingen, Leiden) und seiner Zeit als fragwürdiger Dozent der Quantenphysik über das berühmt-berüchtigte Manhattan-Projekt, bei dem die weltweit erste Atombombe entwickelt wurde, bis hin zu einem Anhören bezüglich seiner Sicherheitsfreigabe, bei dem der Ruf des weltberühmten Physikers auf dem Spiel steht.
Man sieht also: "Oppenheimer" behandelt viele und vor allem schwerwiegende Themen, die jedoch einen ganz besonderen Blick auf das Leben des kontroversen Physikers ermöglichen. Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass Robert Oppenheimer und seine Errungenschaft in einem Film thematisiert werden, doch durch den Fokus auf das Leben Oppenheimers, auch vor und nach dem Manhattan-Projekt, wird eine einmalige Perspektive geboten, das sich von anderen Verfilmungen klar abhebt.
Christopher Nolans unverkennbarer Stil
"Oppenheimer" ist in vielerlei Hinsicht ein "typischer" Christopher-Nolan-Film, aber das in der besten Art und Weise.
- Minimaler Einsatz von CGI – unglaublich, aber wahr
- Eindringlicher Filmscore
- Mitreißende Bildgewalt
- Ausgezeichnete Schauspieler:innen
- Spannende Dialoge & Inszenierung
- unvorhersehbare Plot-Twists, World-Building und Mindfucks
Doch es gibt auch einige erstaunliche Neuheiten. Der Blockbuster enthält, im Gegensatz zu anderen Filmen Nolans, vergleichsweise viele Sex- und Nacktszenen, was den einen oder die andere erfreuen dürfte – aber keine Sorge, es wird damit nicht übertrieben.
Nach "Dunkirk" ist "Oppenheimer" zudem der erste Film, bei dem sich der Meister-Regisseur einem historischen Stoff widmet, sogar (ebenso erstmalig) als Biopic.
Eine Bombe zur Sicherung des Friedens
Für welche Werte möchte man sich einsetzen, auch wenn es einem selbst und der eigenen Zukunft schaden könnte? Wie weit möchte man gehen, um Macht zu demonstrieren? In "Oppenheimer" werden viele historische Themen behandelt, die aber in der ein oder anderen Form auch heute noch die Welt bewegen: Antisemitismus, Spionage, Paranoia, Kommunismus, der Beginn des Kalten Krieges, die Bekämpfung von Faschismus. Was das alles gemein hat? Den Kampf und die Demonstration von Macht zur damaligen Zeit. Und was demonstriert mehr "Wir sind die mächtigste Nation der Welt" als die weltweit erste Atombombe zu entwickeln und einzusetzen?
Immer wieder geraten die Figuren, allen voran Oppenheimer selbst, in einen Konflikt mit sich selbst, mit ihren Werten und ihren Taten. Das führt zu einem konstanten Gefühl der (An-)Spannung, die in jeder Szene mitschwingt.
Cillian Murphy in verdienter Hauptrolle
Cillian Murphy hat bislang weder einen Oscar noch einen Golden Globe gewonnen, geschweige denn Nominierungen von diesen Gremien erhalten (auch nicht für "Peaky Blinders" – kaum zu glauben, aber wahr!). Mit "Oppenheimer" könnte sich das nun ändern: Bei der Academy erfreuen sich Biopics stets großer Beliebtheit, wie zuletzt Austin Butlers Oscarnominierung als bester Hauptdarsteller in "Elvis" bewies.
In "Oppenheimer" spielt Murphy mit dem "Vater der Atombombe" die (bisherige) Rolle seines Lebens. Er schauspielert nie überzogen und konzentriert sich stattdessen auf minimale Mimik und Gestik, die aber mit viel Wirkung eingesetzt wird. Der Ire trägt Nolans neuestes Werk, trotz des großen und großartigen Casts, voll und ganz (es ist übrigens nicht das erste Mal, dass Cillian Murphy in einem Christopher-Nolan-Film zu sehen ist).
J. Robert Oppenheimer ist, obwohl immer wieder als problematisch dargestellt, doch auf eine verquere Art und Weise sympathisch. Man fühlt mit ihm mit, bei seinen Erfolgen, Niederlagen und Verlusten – das ist vor allem dem sensiblen Spiel Murphys zu verdanken. Die Figur wird von vielen Seiten beleuchtet: Oppenheimer ist nicht nur der "Zerstörer der Welten", sondern auch Jude, Außenseiter, Sprachtalent, Genie, Physiker, Frauenheld und (vermeintlicher) Kommunist. Gerade Letzteres wird ihm im Laufe seines Lebens und seiner Karriere zum Verhängnis.
Ja, die Explosion gab es wirklich
Eine der großen Stärken von Christopher Nolans Werken ist der mitreißende und teils subtile Filmscore. Die Musik erinnert stark an "Inception“ und "Interstellar“, hat jedoch auch ihren ganz eigenen Charakter. Statt Hans Zimmer, der die Filmmusik für "Inception“, "The Dark Knight“-Trilogie, "Interstellar“ und "Dunkirk“ kreiert hat, zeichnet sich diesmal der Schwede Ludwig Göransson für die Filmmusik verantwortlich, so wie bereits bei Nolans letztem Werk "Tenet“. Göransson hat für seine musikalische Arbeit an "The Mandalorian“ bereits zwei Emmys gewonnen und wurde für "Lift Me Up“ aus "Black Panther: Wakanda Forever“, das er zusammen mit Rihanna erschaffen hat, für einen Oscar nominiert.
Die Musik fängt die zugrundeliegende Stimmung von "Oppenheimer" perfekt und wird gekonnt eingesetzt. So weiß der Film auch zu schweigen und lässt den atemberaubenden Bildern allen Raum, den es zum Entfalten braucht. Dabei ist es gleichermaßen beeindruckend wie widerwärtig, dass verheerende Ereignisse wie das Zünden einer Atombombe so schön aussehen können. Die Aufnahmen bringen noch mehr zum Staunen, wenn man bedenkt, dass Christopher Nolan so gut wie nie CGI verwendet und seine Special Effects real umsetzen lässt. Das heißt für Zuschauer:innen: Ja, diese Explosion hat es wirklich gegeben.
Es ist wohl klar, dass es für diese phänomenale Leistung Oscar-Nominierungen geben wird, aber das ist bei einem Namen wie Christopher Nolan nicht weiter verwunderlich. Doch nicht nur in dieser Hinsicht liefert "Oppenheimer" Herausragendes ab. Man merkt zu jeder Zeit, dass bei diesem Film eben die Besten der Besten am Werk sind.
Grandiose Dialoge und fantastischer Cast
Die Zuschauer:innen erwarten zudem grandiose Dialoge, die konstant dazu auffordern, mitzudenken. Sätze wie "Now I have become death, the destroyer of worlds" hinterlassen bleibende Eindrücke, gerade bei der kontroversen Thematik bleibt einem bei Formulierungen wie "Eine Bombe zur Sicherung des Friedens" immer wieder der Mund offenstehen.
In beinahe jeder Szene, in der eine neue Figur auftaucht, springt einem zudem ein Hollywood- oder Fernsehstar ins Gesicht – eine wahre Freude für Filmfans, so viele bekannte Namen beieinander versammelt zu sehen: Neben Cillian Murphy sind auch Emily Blunt, Robert Downey Jr., Matt Damon, Rami Malek, Florence Pugh, Gary Oldman, Casey Affleck, Kenneth Branagh und Matthias Schweighöfer zu sehen. Unter anderem.
film.at-Fazit
Mit „Oppenheimer“ legt Christopher Nolan mal wieder ein audiovisuelles, erzählerisches und schauspielerisches Meisterwerk hin, das trotz der drei Stunden Filmlänge zu jeder Minute fesselt und konstante Anspannung und Unwohlsein im Publikum auslöst. Cillian Murphy liefert die Rolle seines Lebens ab, und auch der restliche Cast ist durchweg großartig besetzt. Durch die verschiedenen Zeitebenen weiß "Oppenheimer" wie jeder andere Film Christopher Nolans herauszufordern. Ein berechtigtes Film-Highlight 2023!
Wertung: 5 von 5 Quantenphysik-Sternen