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Filmkritik

„Nur die halbe Geschichte“: Auf der Suche nach der besseren Hälfte

Endlich eine Netflix-Perle, die aus den dutzenden High-School-Filmen heraussticht.

von Oezguer Anil

05/13/2020, 11:49 AM

Ellie Chu (Leah Lewis) ist zwar nicht besonders beliebt, dafür hat sie hervorragende Noten und eine vielversprechende Zukunft vor sich. Die 17-jährige lebt seit dem Tod ihrer Mutter zusammen mit ihrem nicht englisch-sprechenden Vater in der konservativen Kleinstadt Squahamish. An ihrer High School ist sie die einzig chinesisch-stämmige Schülerin. Tagtäglich versucht sie die Balance zwischen ihren beiden Identitäten zu halten. Um sich das Taschengeld aufzustocken, schreibt sie gegen Bezahlung die Hausübungen ihrer Mitschüler. Das Geschäft mit den Aufsätzen floriert und das unabhängige Leben rückt für sie von Tag zu Tag näher. Als der schüchterne Außenseiter Paul (Daniel Diemer) sie eines Tages bittet, eine etwas andere Schreibaufgabe für ihn zu erledigen, nimmt das Leben von Ellie eine unerwartete Wendung.

 

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Unerwartet

Paul ist in die wunderschöne und smarte Aster (Alexxis Lemire) verliebt, schafft es aber nicht, ihr einen ordentlichen Liebesbrief zu schreiben. Widerwillig nimmt Ellie den eigenartigen Job an und es entsteht eine innige Brieffreundschaft zwischen ihr und Aster, die nichts von dem falschen Spiel ahnt. Wie erwartet spitzt sich die Lüge immer weiter zu, aber Regisseurin und Drehbuchautorin Alice Wu schafft es, der modernen Abwandlung des französischen Dramas "Cyrano de Bergerac" unerwartete Wendungen zu verpassen.

 

Die wahre Liebe

„Nur die halbe Geschichte“ reiht sich rein oberflächlich betrachtet in eine Reihe von Geschichten über Minderheiten ein, die eine alternative Erzählperspektive bieten wollen. Doch diese Netflix-Produktion bietet viel mehr als "nur" einen diversen Cast und ein authentisches Porträt einer chinesisch-amerikanischen Jugendlichen. Im Kern der Geschichte geht es um die Liebe und die falschen Erwartungen, die man in diesen großen Begriff reininterpretiert. Der Ausgangspunkt der Geschichte sind Platons Gedanken über mystische Kugelmenschen, antike Wesen die mit vier Beinen, vier Armen und vier Augen existierten und getrennt wurden. Den Rest des Lebens suche man nach seiner fehlenden Hälfte, die irgendwo da draußen auf einen wartet. Die Regisseurin setzt den heutzutage von Filmen, Musik und Büchern definierten Begriff von Liebe auf den Prüfstand und zweifelt an dem romantischen Ideal, dass es nur einen perfekten Partner geben kann.

 

Herz und Hirn

Schon nach den ersten Minuten spürt man hier den Wunsch von Wu mehr als nur eine Geschichte über Identität und Zugehörigkeit zu erzählen. Die treibende Kraft der Handlung ist die großartig ambivalente Hauptfigur, die nicht in die Falle tappt, die Anerkennung von ihren populäreren Mitschülern erhaschen zu wollen. Ellie ist selbstbewusst und in ihren moralischen Wertvorstellungen gefestigt genug, um den zynischen Beleidigungen ihres Umfelds entschlossen entgegenzutreten. Bei kaum einem anderen High-School-Film, die derzeit auf diversen Streaming-Platformen hoch im Kurs stehen, findet man so eine erfrischend ehrliche Hauptfigur, die nicht nur mit Pointen, sondern auch mit ihrem Verstand punkten kann.

 

Voller Erfolg

Gespielt wird Ellie von der bisher weitgehend unbekannten Leah Lewis. Sie hat schon einige Auftritte in TV-Serien hinter sich, doch der große Durchbruch steht ihr noch bevor. "Nur die halbe Geschichte" ist eine noch unentdeckte Netflix-Perle, die für jede Altersgruppe zu empfehlen ist.



"Nur die halbe Geschichte" ist bei Netflix zu sehen.

 

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