"Monkey Man": Wenn Dev Patel zum wilden Affen wird
Wenn sich jemand für einen Film eine Affenmaske aufsetzt, könnte das der Beginn einer Komödie oder der Auftakt eines weiteren Teils der "Planet of the Ape"-Reihe sein. Doch bei Dev Patels erster Regiearbeit geht es stattdessen sehr dramatisch und vor allem kämpferisch zu. Der Star aus "Slumdog Millionaire" und "David Copperfield" erzählt eine klassische Rachegeschichte mit sozialkritischem Einschlag und musste sich für die Hauptrolle richtig in Form bringen.
Hier ist unsere Kritik zu "Monkey Man".
Patels unglaubliche Wandlung
Den eher schmächtigen Darsteller hat man bisher noch nie als Actionheld oder Kampfsportler gesehen (obwohl er sich in "The Green Knight" zumindest mit dem Ritterschwert bewährte), doch nun zeigt er eindrucksvoll, dass er seinen Körper tatsächlich in eine tödliche Waffe verwandeln kann. Horror-Regisseur Jordan Peele ("Get Out", "Wir", "Nope") war von dieser kraftvollen Performance so angetan, dass er den ursprünglich für Netflix geplanten Film dann bei Universal Pictures unterbrachte und ihm auch einen Kinostart verschaffte.
Kämpfer mit der Affenmaske
In der fiktiven indischen Stadt Yatana hat sich ein Waisenjunge namens Kid unter einer Gorilla-Maske verborgen durch Teilnahme an illegalen Kämpfen wortwörtlich durchgeschlagen, dabei jedoch mehr Schläge eingesteckt als ausgeteilt. Aber dann erhält er Gelegenheit, die Verantwortlichen für den Tod seiner Mutter zur Rechenschaft zu ziehen: Das sind richtige Ausbeutertypen der Machtelite, die sich bereichern, indem sie aus Leid und Armut der Bevölkerung Profit ziehen und dabei über Leichen gehen.
Er fasst einen tollkühnen Plan, um an einen der skrupellosen Mörder heranzukommen, doch leider läuft nicht alles so, wie vorgesehen und er muss mit spiritueller Unterstützung noch eine schmerzhafte innere Wandlung vollziehen, um endgültig als ultimativer Rächer auftreten zu können.
"John Wick"-Anklänge und besondere Farbtöne
Wer sich schon immer gefragt hat, wie die Bollywood-Version von "John Wick" wohl aussehen mag, bekommt hier eine überzeugende Antwort geboten. Denn so viel ist sicher: Patel hat Keanu Reeves in dessen Paraderolle genau studiert und nimmt sich nicht nur in gewissen Bewegungsabläufen an ihm ein Beispiel, sondern wählt auch typische Kulissen für die spektakulären Fights. Der Showdown mit einem Hauptgegner findet in einer Art Spiegelkabinett statt und wenn der zu allem bereite Kid den Schauplatz betritt, ist die Umgebung in blutiges Rot getaucht.
Die Farbgebung trägt auch wesentlich zur bedrückenden Grundstimmung bei: Es geschieht fast alles nur nachts, irgendwo flackert meist ein Feuer und die Innenräume werden von dunklen Brauntönen erfüllt. Nur während Rückblenden in die heile Welt der Kindheit, als der Junge noch bei seiner Mutter lebte, hellen sich die Farben auf und die Bilder zeigen uns idyllische Naturlandschaften.
Martial Arts als Monkey Art
Diese Story ist von großer Dringlichkeit erfüllt und Patel tut sein Bestes, damit sich das auch auf die Zuschauer:innen überträgt: Die verwackelte Handkamera ist immer mittendrin im Geschehen, es gibt viele Nahaufnahmen, sobald es besonders heiß hergeht, erfolgt fast immer ein Wechsel in die Ego-Shooter-Perspektive und wenn sich der kämpferische Junge zu viele Schläge eingefangen hat, wird seine Desorientierung ebenfalls optisch umgesetzt. Die Kämpfe toben oft über Minuten hinweg und sind von kompromissloser Härte.
Martial Arts verwandelt sich hier zu Monkey Art, denn Kid wird zum wilden Affen. Er ist wendig wie ein Schimpanse, stark wie ein Gorilla und wenn es sein muss, zeigt er allen die Zähne, wie ein Pavian – und das ist wörtlich zu verstehen, denn er beißt tatsächlich auch zu und wenn er beim Kampf in einem Aufzug seinem Gegner ein Messer in den Hals stößt, treibt er dann mit den Zähnen die Klinge noch weiter hinein, weil er gerade keine Hand frei hat.
Eine Affengottheit mit großem Herz
Die Wahl der Affenmaske erscheint ebenfalls gut motiviert, denn der Kämpfer identifiziert sich seit Kindertagen mit einer Figur aus der indischen Mythologie: Hanuman ist eine hinduistische Gottheit in Gestalt eines Affen, der über Riesenkräfte verfügt, aber im Grunde eher gutmütig und fast tollpatschig auftritt. Immer wieder werden Kids Schicksale mit Illustrationen aus Hanumans Erzählungen in Verbindung gebracht und unter dem Einfluss einer Droge öffnet er in einer Vision sogar seine Brust und entblößt wie der Affengott sein Herz. Wir wissen jetzt jedenfalls, dass Patels Herz für unerbittlich harte Action schlägt und er wirklich etwas vom Regieführen versteht.
3 ½ von 5 vom wilden Affen abgebissenen Nasenspitzen
"Monkey Man läuft gerade in unseren Kinos. Hier geht's zu den Spielzeiten!