“Killers of the Flower Moon”: Episches Scorsese-Meisterwerk mit DiCaprio
Martin Scorsese ist zurück! Vier Jahre nach “The Irishman” erscheint mit “Killers of the Flower Moon” das neuste Werk des Altmeisters in den Kinos. Diesmal richtet der Regisseur sein Objektiv auf die Geschichte der amerikanischen Ureinwohner:innen des Osage-Stammes. Die Osage gelangten durch die Erschließung von Ölfeldern zu unglaublichem Reichtum und Macht. In den 1920er-Jahren erschütterte eine Reihe an Morden den in Oklahoma ansässigen Stamm und sorgte für das Auseinanderbrechen zahlreicher Familien.
Wahre Begebenheit
“Killers of the Flower Moon” basiert auf einer wahren Geschichte, die von David Gaan in seinem gleichnamigen Buch festgehalten wurde. Ausgehend von den im Buch beschriebenen Charakteren entspinnt Scorsese ein Epos, das sich über mehrere Jahre zieht und einen Blick in die Wunden der USA wirft.
Im Zentrum der Geschichte steht Ernest Burkhart und dessen Onkel William Hale. Frisch aus dem ersten Weltkrieg zurückgekehrt, versucht er in der Gesellschaft halt zu finden und verwickelt sich dabei in ein perfides Machtspiel. Durch Ernests Heirat mit der wohlhabenden Osage Mollie erhofft sich William seinen Einfluss weiterhin auszubauen, wodurch Menschen nur noch zu Figuren auf seinem Schachbrett werden.
Gewalt und Humor
Schon nach wenigen Minuten merkt man, dass man hier in Scorsese-Territorium ist. Mit rasanten Montagen und cooler Musik holt er sein Publikum in unglaublicher Geschwindigkeit ins Oklahoma der 20er-Jahre. Ganoven, Gangster, Edelmänner und jene, die sich als solche bezeichnen, sind seit Jahrzehnten fester Bestandteil von Scorseses Welt und prägen auch hier die Geschichte.
Gewalt und Humor sind der narrative Motor in “Killers of the Flower Moon”. Manchmal entstehen dadurch jedoch Momente, bei denen Scorsese allzu effekthascherisch wird und die nötige Distanz an die wahren Todesopfer vermissen lässt. Scorsese kann sich nicht davon lösen, männliche Gewaltfantasien zu bedienen, wodurch einige der Morde mehr einem lustigen Spiel (Lustspiel?) als einer historischen Tragödie gleichen.
Große Fragen
Erst gegen Ende des Filmes macht Scorsese deutlich, dass einige Schüsse nicht verpufft sind, sondern tiefe Wunden in eine sich im Wandel befindenden Welt gerissen haben. Der Regisseur nutzt die unzähligen Kriminalfälle als einen Nährboden für spirituelle Fragen, die den Kern der menschlichen Existenz adressieren. Dabei findet er vor allem am Anfang und Ende des Films grandiose Bilder, um die kosmische Dimension der Geschichte zu verdeutlichen.
Während die Buchvorlage einen stärkeren Fokus auf die Ermittlungen des FBI legt, rückt der Film eine Liebesgeschichte in den Vordergrund, die die Basis für all das Leid bildet. Dadurch entkommt der Regisseur gängigen Polizeifilmklischees und öffnet die Leinwand für die großen Fragen des Lebens.
Wer spielt in "Killers of the Flower Moon" mit?
Auch diesmal steht Hollywoods Who is Who vor Scorseses Linse. Leonardo DiCaprio ist mit seinem texanischen Akzent und den aufgequollenen Wangen kaum wieder zu erkennen und auch Robert De Niro wirkt in seinem beigen Anzug und Gehstock wie ausgetauscht.
Lily Gladstone brilliert als selbstsichere Osage, die sich mit einem Verrat konfrontiert sieht und dabei an ihre emotionalen Grenzen gehen muss. Jesse Plemons und Brendan Fraser tauchen zwar recht spät im Film auf, doch liefern sie entscheidenden Akzente, die einen guten Film zu einem Meisterwerk machen lassen.
Schade: Die schauspielerischen Leistungen sind zwar großartig, aber durch die starke Konkurrenz in Gestalt von "Barbie" und "Oppenheimer" dürften die Schauspieler:innen hier bei den Oscars leider leer ausgehen.
Fazit
“Killers of the Flower Moon” zeigt wie kraftvoll das Kino sein kann. Trotz einer Länge von knapp dreieinhalb Stunden entsteht hier nie ein Gefühl von Langweile. Liebe, Hass,Tod, Vergangenheit und Zukunft sind hier meisterhaft ineinander verwoben und kreieren ein unvergleichliches Erlebnis. Wir brauchen mehr solcher Filme!
5 von 5 Sternen