"Elvis"-Kritik: Austin Butler rockt als King das Kino

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Ein Kräftemessen zwischen dem King und seinem skrupellosen Manager, dem Tom Hanks geradezu diabolische Züge verleiht.

Der King ist zwar schon länger tot, doch er hat noch immer nicht abgedankt – dafür sorgt seine Musik. Austin Butler spielt den Mann, dessen magische Stimme ganze Generationen in ihren Bann gezogen hat (auch sein Hüftschwung ist nicht zu verachten) und verausgabte sich in seiner Rolle als Elvis Presley dermaßen, dass er unmittelbar nach Drehschluss wegen totaler Erschöpfung ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.

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Elvis und der Colonel

Allerdings steht hier nicht nur die Titelfigur im Mittelpunkt, der Film sollte eigentlich "Elvis und Tom" heißen. Der heimliche Zweit-King ist nämlich Tom Hanks in der Rolle des undurchschaubaren Managers Colonel Tom Parker. Es geht um die produktive, aber auch konfliktreiche Beziehung zwischen diesen beiden Männern: auf der einen Seite der Star, auf der anderen dessen Schöpfer und ebenso geschickte wie skrupellose Vermarkter.

Der altgewordene selbsternannte Colonel erleidet zu Beginn einen Zusammenbruch und landet im Spital. Dort setzt er sich gegen das Gerücht zu Wehr, Elvis in den Tod getrieben zu haben. Der Film ist somit als Rechtfertigungsversuch angelegt, indem Parker seine Sicht der Dinge preisgibt und eine Geschichte erzählt, die einen Zeitraum von über 20 Jahre umspannt.

Es wird aber bald klar, wem hier die Sympathie gehört, denn der Manager offenbart sich im Verlauf des Films als spielsüchtiger Hochstapler, der in Elvis die größte Jahrmarkt-Attraktion aller Zeiten sieht und bloß seine eigenen Interessen verfolgt.

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Zeitgemäßer Mephisto

Baz Luhrmans Biopic über den amerikanischen Nationalheiligen des Rock'n'Roll kann zugleich als zeitgemäße Faust-Variante verstanden werden: Der diabolische Colonel wird zu einer Art Mephisto und zieht im Hintergrund die Fäden, während der Star immer wieder Befreiungversuche unternimmt, um sich von dem übermächtigen Ersatz-Vater abzunabeln. Doch letztlich wird er scheitern – Parker behält die Oberhand, und Elvis bleibt im goldenen Las-Vegas-Käfig gefangen.

Endlich hat sich Hanks getraut, eine unpopuläre Rolle anzunehmen und nicht schon wieder einen weiteren Saubermann oder Sympathieträger der Nation verkörpert. Mittels Fatsuit fast unkenntlich gemacht, legt seine Figur eine schleimige Penetranz an den Tag, zeigt aber auch geradezu hypnotische Überredungskünste. Gegen diesen übermächtigen Konkurrenten wird sogar Olivia DeJonge als Priscilla Presley nicht aufkommen.

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Schüsse unterbrechen die Musik

Zugleich spielen politische Ereignisse eine wichtige Rolle, und die Musik wird mehrfach durch Schüsse unterbrochen, denen etwa Martin Luther King oder Robert Kennedy zum Opfer fallen. Zuvor war es dem unguten politischen Klima der 50er-Jahre geschuldet, dass ein US-Senator alles daransetzte, Elvis ins Gefängnis zu bringen, weil die angeblich obszönen Bewegungen des Sängers für einen Verfall der Sitten sorgten und ohnehin durch das Feindbild der Black Culture inspiriert waren. Der Colonel will in solchen Fällen immer klein beigeben, doch Elvis setzt seinen Kopf durch und bleibt seinem Stil treu.

 

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Musikalisches Erwachen

Besonders eindrucksvoll inszeniert Luhrman das musikalische Erwachen des Jungen: Elvis, der in einer Schwarzen Siedlung aufgewachsen ist, beobachtet mit atemloser Spannung einen Blues-Sänger durch ein Loch in der Holzwand, bevor er ein paar Schritte weiterläuft und sich gemeinsam mit dem Publikum einer Zelt-Messe zur Begleitung des Gospel-Chores in Trance tanzt.

Vor allem bei den Konzertauftritten versteht es der Regisseur, unglaublich dynamisch zu inszenieren, bringt eine perfekte Schnitt-Technik zum Einsatz, verwendet immer wieder Split-Screen und mengt auch geschickt originale Filmaufnahmen mit ein. Obendrein mischt er vorsichtig ein paar zeigemäße Elvis-Interpretationen unter den Soundtrack.

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Austin Butler als Elvis Presley in "Elvis"

Austin Butler verwandelt sich tatsächlich in ein scheinbar unerschöpfliches Energiebündel und singt auch alle Songs selbst ein. Dadurch kommt er Elvis schauspielerisch so nahe, wie kaum ein anderer Darsteller jemals zuvor. Man nimmt ihm also den Krankenhausaufenthalt als Erholungsurlaub nach dieser Kraftanstrengung sofort ab.

4 von 5 schweißbesprengten Mikrophonen.

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