"Eine Million Minuten": Karoline Herfurth und Tom Schilling auf Weltreise
Das junge Ehepaar Wolf und Vera Küper steckt fest. Während er als UN-Umweltexperte an Kongressen auf der ganzen Welt teilnimmt, hat sie ihre Karriere hintangestellt und kümmert sich um den Säugling Simon und ihre fünfjährige Tochter Nina. Der Haussegen hängt jedoch nicht nur schief, weil die Arbeitsaufteilung ungerecht ist, sondern auch weil Nina kognitive Beeinträchtigungen hat und besonders viel Aufmerksamkeit braucht.
Wolf hofft, dass seine Tochter mit einer einfachen Therapie wieder “normal” wird, doch muss schon bald der Realität ins Auge blicken. Eines Abends bittet ihn Nina eine Millionen Minuten mit ihr zu verbringen, weil sie mit ihm Zeit für die schönen Dinge des Lebens haben möchte. Der zielstrebige Vater erkennt, dass er nicht so weitermachen kann wie bisher und trifft gemeinsam mit seiner Frau eine alles verändernde Entscheidung.
Weltreise
Eine Millionen Minuten sind in etwa zwei Jahre und genau diese Zeit beschließt sich die Familie Küper füreinander zu nehmen. Beide teilen ihren Arbeitgeber:innen mit, dass sie nur noch im Homeoffice arbeiten wollen. Auch wenn die Beförderung dadurch immer unwahrscheinlicher wird, entscheidet sich die Familie, das erste Jahr in Thailand und das zweite in Island zu verbringen.
Während zu Beginn noch alles harmonisch scheint, müssen sie bald erkennen, dass nicht alle Probleme gelöst sind, nur weil man an einem traumhaften Strand wohnt.
Wahre Geschichte
Die Tragikomödie basiert auf einem gleichnamigen autobiografischen Roman. Der Film nimmt sich notwendigerweise viele erzählerische Freiheiten, aber die große Qualität ist und bleibt die Authentizität. Im Gegensatz zu vielen anderen deutschen Mainstream-Filmen sind die Dialoge glaubwürdig und die Konflikte realitätsnah. Besonders berührend macht diesen Film der ehrliche und manchmal auch frustrierende Umgang zwischen den beiden Hauptfiguren.
Man freut sich hier dreidimensionalen Charakteren zuschauen zu können, die beide ihre Stärken und Schwächen haben. Ihre Konflikte werden ernstgenommen und nicht mit fadenscheinigen Antworten aufgelöst.
Nur in den auf Island spielenden Szenen verliert sich die Erzählung in einer Beliebigkeit, die im Kontrast zum Rest der Geschichte steht. Man merkt, dass man nach der Corona-Pandemie einen Film produzieren wollte, der dem Publikum den Urlaubsflair auf die Kinoleinwand holt. "Eine Million Minuten" hat jedoch immer dann seine Glanzmomente, wenn die Figuren und nicht die Landschaften im Vordergrund stehen.
Das Ehepaar wird von Tom Schilling und Karoline Herfurth gespielt. Beide Publikumslieblinge überzeugen hier auf ganzer Linie. Eine perfekte Harmonie zwischen glaubwürdigen Figuren und beeindrucken schauspielerischen Leistungen.
Einer der großen Highlights des Films ist jedoch die 2015 geborene Pola Friedrichs. Sie schafft es, die Eigenheiten ihrer Figur expressiv genug zu verkörpern, um das Dilemma der Eltern verständlich zu machen, aber hat in ihrem Spiel trotzdem eine derartige Subtilität, sodass man als Zuseher:in im Publikum vor einem Rätsel steht. Eine Darstellerin, die wir in Zukunft hoffentlich öfters zu sehen bekommen.
Auch wenn das Happy-End durchaus forciert wirkt, bleibt “Eine Million Minuten” ein äußerst gelungener Film. Das ist vor allem einem großartigen Cast, den grandiosen Dialogen und den nachvollziehbaren Konflikten zu verdanken Feel Good-Kino im besten Sinne.
3 1/2 von 5 Sternen
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