„Der Boden unter den Füßen“: Funktionieren um jeden Preis
Lola (Valerie Pachner) ist Ende 20 und arbeitet als Unternehmensberaterin in Rostock. Nicht selten mischen sich in ihre 100-Stunden-Wochen sogenannte „Fourty Eights“, 48-Stunden-Schichten ohne Schlaf, doch Aufgeben kommt für sie nicht in Frage. Die langersehnte Beförderung durch ihre Chefin und Geliebte Elise (Mavie Hörbiger) ist zu wichtig, um jetzt schlapp zu machen. Die einzigen Emotionen, die sie in ihrem Alltag zulässt, sind die regelmäßigen Anrufe ihrer paranoid schizophrenen Schwester Conny (Pia Hierzegger) aus Wien. Lola ist ihr Vormund und lässt sie in eine psychiatrische Klinik einweisen, was sie jedoch nicht davon abhält, Kontakt zu ihrer zum Arbeitsroboter mutierten Schwester aufzunehmen.
Zu viel zu schnell
Zeitstress, Leistungsdruck und die Unmöglichkeit der Work-Life-Balance gehören vermeintlich zum Alltag, wenn man erfolgreich sein will. Wer diesem Druck nicht standhält, wird ausgemustert. „Der Boden unter den Füßen“ zeigt an Hand von drei völlig unterschiedlichen Frauen, die Konsequenzen für eine Gesellschaft, in der Arbeit zum Synonym für die Existenzberechtigung wird.
Top-Besetzung
Die dramatische Handlung wird von einem fantastischen Cast getragen. Die Fallhöhe war dabei für Pia Hierzegger in der Rolle einer psychisch Kranken am größten. Die hauptsächlich für ihre komödiantischen Figuren bekannte Schauspielerin meistert sowohl die emotionalen als auch die körperlichen Hürden mit Bravour und hält ihre Glaubwürdigkeit in jeder Sekunde aufrecht. Valerie Pachner erhielt den österreischen Filmpreis für ihre Darstellung in „Egon Schiele: Tod und Mädchen“ und beweist auch hier wieder, warum sie zu den besten Schauspielerinnen im deutschsprachigen Raum gehört. Ihre Mischung aus Verletzlichkeit und Härte erinnert dabei stark an die französische Schauspielikone Isabelle Huppert. Dieses Jahr wird sie auch in der US- Produktion „Radegund“ von Goldene Palme-Gewinner Terrence Malik zu sehen sein.
Deutsches Pendant
Marie Kreutzers Drama weist unweigerlich Prallelen zu Maren Ades „Toni Erdmann“ auf. Obwohl sich das Millieu und die Hauptfiguren sehr ähneln, beschreitet die Steirerin einen anderen Weg als Ade und verzichtet fast gänzlich auf Humor und Klamauk. „Der Boden unter den Füßen“ schaffte es als einziger österreichsicher Film in den diesjährigen Wettbewerb der Berlinale und eröffnete kürzlich die Diagonale in Graz.