Die Arbeitsbedingungen bei Universal und MGM hatten Fejos ernüchtert. Er kehrt nach Europa zurück. Seine erste Station ist Frankreich. Hier wählt er einen Stoff, der zutiefst in der Populärkultur verankert ist. Der Regisseur Louis Feuillade hatte ihn in den 1910er Jahren in einer Filmserie kinoerprobt und visuell massentauglich gemacht: Fantômas. Ein düsterer Beginn: eine vornehme Abendgesellschaft in einem Schloss. Schon die Unterhaltung erzeugt Schauer, denn die physische Nähe des dämonischen Unbekannten, der Gerichtsakten und Klatschspalten füllt, ist zu spüren. Fremdartige Laute, deren Ursache noch ergründet werden kann. Eine Ratte hatte sich ins Innere des Flügels verirrt. Plötzlich gehen die Lichter aus, der Zähler war eingeschlagen worden. Indizien verdichten sich. Kaum einer traut sich noch auf sein Zimmer. Doch die ängstlichen Vorsichtsmaßnahmen bewirken nichts. Die Prophezeiung: «Einer von euch muss an diesem Abend sterben» geht in Erfüllung. Fejos beginnt seinen Fantômas als inwendige gothic story. Die Atmosphäre ist etabliert, und nun kommen die Großstadt, die Technik und die Anstrengungen von Fantômas Gegenspieler, Inspektor Juve, ins Spiel. Juve trägt Trenchcoat, ist so erfahren wie phlegmatisch, und beginnt den Vorgang des Verbrechens zu rekonstruieren. Radspuren eines Flugzeuges im Gras, die Aufmerksamkeit eines Kontrolleurs im Nachtzug, ein Geheimgang im Schloss. Der Täter hat sein Verbrechen professionell vorbereitet und sich zugleich ein perfektes Alibi gebastelt. Gefahr droht ihm lediglich von zwei Menschen, die ihn identifizieren könnten. Die eine hatte kurz sein Gesicht gesehen, der andere die Stimme gehört. In Juves Kopf klärt sich der Tathergang und er setzt die richtigen Züge. Doch er kommt zu spät. Die Zeugin liegt erwürgt im Hotelzimmer, und auch Lord Beltham, der den Täter vor dem Start eines Autorennens identifizierte, kann den Namen des Mörders nicht mehr nennen. Das Phantom verhält sich wachsam und kaltblütig, in der Wohnung von Lady Beltham gestellt von Juve verliert es allerdings die Facon. Am Ende genügen ein kleiner Kick mit dem Fuß sowie eine Zigarette, und die Flucht ist geglückt. Fantômas entschwindet mit seiner Geliebten im Dunkel der Nacht.
(Text: Viennale 2004)
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