Eva Sangiorgi gibt einen Viennale-Überblick
Ein paar deutsche Sätze kann sie schon und die Begrüßung kriegt sie problemlos hin, dann wechselt sie aber doch lieber ins vertrautere Englisch. Immerhin hatte die neue Viennale-Chefin Eva Sangiorgi in den letzten Wochen und Monaten auch Wichtigeres zu tun, als Deutsch zu lernen. Erste Ergebnisse ihrer Arbeit des Filmesichtens und -auswählens hat sie nun am 24.8. bei der sommerlichen Pressekonferenz im Volksgarten Pavillon präsentiert.
Schwerpunkte und Retrospektiven
Bei der 56. rückt unter dem Titel "The B-Movie" Hollywoods Low-Budget-Kino von 1935–1959 im Rahmen einer Retrospektive im Filmmuseum vom 26. Oktober bis 5. Dezember 2018 ins Zentrum. Zu sehen gibt es Thriller, Film Noir-Klassiker oder Sci-Fi-Horror. Vertreten sind Werke bekannter Regisseure wie Edgar G. Ulmer, Jacques Tourneur, Ed Wood oder Roger Corman, aber auch unbekanntere Werke wie zum Beispiel William McGanns bizarre Krimikomödie SH! THE OCTOPUS (1937) stehen auf dem Programm.
Die vom Filmarchiv Austria kuratierte Schau "Surviving Images" erinnert im Jahr des Republikjubiläums 2018 an einige in Stummfilmen dokumentierte jüdische Lebenswelten, die nur in diesen Filmbildern überlebt haben. Die Retrospektive umfasst insgesamt 12 Programme, darunter sieben neue, im Filmarchiv Austria durchgeführte Restaurierungen. Alle Stummfilme werden mit zeitgenössischer Live-Musik begleitet.
In Spezialprogrammen stehen die Werke von drei Regisseuren im Mittelpunkt:
Der 1970 in Fermo, Italien, geborene Roberto Minervini ist ein unkonventioneller Filmemacher, der von Anfang an seine eigenen Wege ging – außerhalb des institutionellen Förderungssystems, in einem fremden Land (den USA) und auf ganz unabhängige, persönliche Weise.
Der argentinische Filmemacher Jorge Acha wurde nur 49 Jahre alt, war ein hervorragender Maler, schrieb über das Kino und drehte zwischen 1987 und 1992 drei bemerkenswerte Langfilme (sowie einige Kurzfilme). Acha ist eines der größten Geheimnisse des argentinischen Kinos; sein frühzeitiger Tod bedeutete auch das vorzeitige Ende eines Werkes, das noch von großem Einfluss hätte sein können.
Jean-François Stévenin, geboren 1944 in Lons-le-Saunier im französischen Jura, ist einer jener wenigen Schauspieler, die wie eine zum Leben erwachte Romanfigur wirken. Seine eigenen drei Regiearbeiten, die fast zehn Jahre lang nicht verfügbar waren, wurden im September 2017 sorgfältig restauriert und werden in seiner Anwesenheit auf der Viennale zu sehen sein.
Neuerungen
Vorüber sind die Zeiten, als zwischen Hans Hurch und Alexander Horwath, dem früheren Direktor des Österreichischen Filmmuseums, manchmal recht spitze Töne gewechselt wurden. Durch Sangiorgi und dem neuen Direktor Michael Loebenstein wurde eine intensivere Kooperation zwischen Viennale und Filmmuseum in die Wege geleitet. Das Kino in der Augustinerstraße reiht sich heuer unter die Spielstätten der Viennale nicht nur als Heimat der Retrospektive "The B-Film" ein, sondern wird zum zusätzlichen Festivalkino.
Das Viennale-Festivalzentrum übersiedelt hingegen im Museumsquartier in die Halle 2 und wartet mit einem erweiterten Angebot auf: tagsüber werden vermehrt Gespräche und Lectures den ZuschauerInnen Gelegenheit zum Austausch mit den FilmemacherInnen geben, des Abends darf sich das Publikum wie gewohnt auf Konzerte, Partys und DJ-Lines freuen.
Ein pinkes Viennale-Plakat
Das Sujet des Hauptplakats ist diesmal sehr farbenfroh und zeigt einen Flamingo - zumindest teilweise. Das Spiel des Zeigens und Verbergens soll zugleich auf die Einstellungsgröße bei einer Filmaufnahme verweisen. Solche Aussparungen regen im besten Fall unsere Fantasie an und erwecken unsere Neugier. Man könnte es natürlich auch dahingehend interpretieren, dass dieses pinke Tier gerade den Kopf in den Sand steckt, aber das ist eher unwahrscheinlich, denn bei dem Viennale-Programm sollten uns doch eher die Augen aufgehen.