"Emoji - Der Film": Eine Abenteuertour durchs Smartphone
Kann ein Smiley auch mal schlecht gelaunt sein? Während uns Pixar vor zwei Jahren mit „Inside Out“ Einblicke in den Kopf eines Mädchens verschaffte und sehr lebhaft animierte Emotionen zu Filmhelden machte, weiht uns dieser Animationsspaß von Sony Pictures Imageworks ins geheime Innenleben unserer Smartphones ein. Die kleinen Emoticons führen tatsächlich eine richtige Existenz und wohnen in einer eigenen Stadt namens Textopolis, wo sie stets abrufbereit darauf warten, unseren Botschaften gefühlvollen Nachdruck zu verleihen.
Ein Emoticon mit vielen Gesichtern
Auch Gene ist dort daheim, doch im Unterschied zu seinen auf jeweils eine ganz bestimmte Gefühlsregung festgelegten Emoji-Kollegen, hat er etwas Besonderes zu bieten: obwohl er eigentlich bloß ein griesgrämiges Gesicht ziehen sollte, verfügt er über eine reichhaltige Mimik und wechselnde Stimmungslagen. Der emotionale Tausendsassa leidet aber unter dem angeblichen Defekt und wird vor allem von der dauergrinsenden, aber dafür umso hartherzigeren Emoji-Chefin als Fehlprogrammierung eingestuft, weshalb ihm die Vernichtung droht. Dagegen hat er selbstverständlich etwas einzuwenden und tritt gemeinsam mit einem Handflächen-Emoji – auch ‚Give me Five‘ genannt – eine Reise durchs Smartphone an: sie fliehen in den Bildschirmhintergrund und wechseln zwischen den unterschiedlichsten Apps hin und her, weil Gene ein berühmtes Codebrecher-Emoji sucht, das ihn umprogrammieren soll. Eine noch viel größere Gefahr droht den kleinen Wesen allerdings durch den jungen Smartphone-Besitzer, der auf seinem scheinbar verrücktspielenden Gerät womöglich alle Programme löschen lässt.
Emotionale Ablehnung
Komischerweise scheinen die meisten Kritiker entschlossen zu sein, diesen Film nicht zu mögen, was ich absolut nicht nachvollziehen kann. Vermutlich ruft das Thema des Werks solche emotionalen Reaktionen hervor. Dabei wird doch die übliche Animationsfilm-Geschichte von den Außenseitern, die zuletzt als allseits beliebte Helden dastehen, hier mit technischem Knowhow meist witzig und zeitgemäß aufbereitet. Wir begegnen Trollen und Viren, erleben Trojaner als Barkeeper, sehen das blaue Twitter-Vögelchen herumflattern, surfen auf Musikwellen, werfen für eine Rettungsaktion einen Blick in den Papierkorb, haben die Cloud als Wunschziel vor Augen und gelangen zu einer ziemlich sexistischen Erkenntnis: der Spam ist weiblich.
Eigentlich lässt der Film zwar sanfte Kritik an der Handy-Hörigkeit unserer heutigen Jugend anklingen, erreicht aber im Grunde das genaue Gegenteil: sobald die Kids mitkriegen, was da alles im Innern der Geräte abläuft, werden sie ihre Smartphones noch lieber gewinnen und sich vor allem auf die Suche nach dem speziellen Emoji mit den vielen Gesichtern machen.
7 von 10 emojionalen Gesichtspunkten
franco schedl