EINE SCHRECKLICH NETTE FAMILIE

Zuerst sieht man Hollywoods bestbezahlten Schauspieler von hinten. Beim Pinkeln. Ein bemerkenswerter Anblick, denn Robert Downey Jr.’s Hinterkopf ist fette 75 Mio. Dollar wert. So viel verdient ein Iron Man im Jahr.

Für "The Judge" legte Robert Downey Jr. allerdings eine kurze Pause in seiner Karriere als Superheld ein. In dem von ihm selbst produzierten, erschöpfenden Gerichtssaal-Melodram leiht er sein kostspieliges Antlitz der Rolle eines abgefeimten Star-Anwaltes. Gerade ist er als Hank Palmer damit beschäftigt, dem Gegner vor Gericht den Garaus zu machen ("Unschuldige Menschen können sich mich nicht leisten") – da erhält er die Nachricht vom Tod seiner Mutter.

Ab diesem Zeitpunkt betreten wir (allzu) vertrautes Kino-Terrain: Erfolgreicher Großstadt-Zyniker kehrt zurück in die Provinz, wo er sich mit Papa und/oder Mama herumschlagen muss; begegnet seiner alten Schulliebe; und endet schließlich als ein besserer Mensch.

An dieser Standard-Formel kann auch ein Robert Downey Jr. nichts ändern.

Auch er kehrt zurück in die Kleinstadt und trifft dort auf seinen verhassten Vater. Der starrsinnige Alte – mächtig gespielt von Robert Duvall – genießt als Richter hohes moralisches Ansehen. Allerdings fährt er am Tag des Begräbnisses einen Ex-Häftling tot und steht danach unter Mordverdacht. Sein ausgefuchster Filius übernimmt die Verteidigung.

Und das anschließende Schauspiel-Duell der beiden Roberts ist sehenswert.

Robert Downey Jr. spielt den aufmüpfigen Sohn wie ein teures Rennpferd, das bei jeder schnellen Bewegung die Nüstern bläht und die Augen rollt.

Aufgeregt reißt er an seiner Krawatte, hantiert mit den Händen: Jede Gefühlsregung wird mit Hang zur Überdeutlichkeit exponiert. Oder mit einer Tendenz zur Komik – speziell dann, wenn er mit sarkastischen Bemerkungen um sich schleudert ("Diese Familie ist wie ein verdammtes Picasso-Gemälde.")

Nie lässt sich dabei vergessen, dass es Robert Downey Jr. ist, dem man beim Spielen zusieht – so kurzweilig das auch sein mag.

Ganz anders Robert Duvall: Der Über-Patriarch des modernen US-Kinos verkörpert seinen steinernen Alten mit der Gravität eines Leguans. Ganz lange kann er reglos starren, ehe er plötzlich zum Angriff übergeht. Dann wiederum zeigt er sich wunderbar zartbesaitet.

Teuer ausgestattet und in edlen, fast schon manikürt aussehenden Bildern, entfaltet "Hochzeits-Crasher"-Regisseur David Dobkin die Vater-Sohn-Kontroverse mit glatter Fertigkeit. Dass trotzdem immer wieder intensive Momente entstehen, verdankt sich eindeutig der Dynamik zwischen Robert und Robert.