EINE PORZELLANPUPPE RÜHRT

Selten in der Filmgeschichte hat eine Porzellanpuppe so gerührt. Der Zauberer von Oz findet sie, nachdem die Hexe ihr Dorf zerstört hat. Sie sitzt alleine da, versteckt unter Trümmern, mit zerbrochenen Beinen, weint bitterlich. Oz, der Zauberer, hört sie und hilft ihr mit einem banalen Trick aus der banalen Menschenwelt: Klebstoff.

Das zerbrechliche Püppchen kann wieder gehen (wie einst im wunderbaren Klassiker „Der Zauberer von Oz“ aus dem Jahr 1939 der Blechmann, der Öl benötigte).

„Die fantastische Welt von Oz“ ist nun 72 Jahre später ein Prequel zum alten Meisterwerk. Die Porzellanpuppe ist darin zweifellos am besten besetzt. Zumindest besser als James Franco, menschgewordene Grinsekatze, die hier unterfordert erscheint als Zauberer Oz.

Dabei ist dessen Geschichte aus 14 Romanen herausgefiltert worden. Frank Baum hatte sie zwischen 1900 und 1920 im Land von Oz spielen lassen. Wie wurde der Zauberer, was er ist? Wo kam er her ...?

Ganz kurz: Er kam mit einem Ballon im Wirbelsturm aus Kansas. Ein Zauberer vom Jahrmarkt, ein Frauenheld und opportuner Trickser, der davon träumt, ein großer Magier zu werden: „Wie Thomas Edison einer ist“, der Erfinder der Glühbirne und Miterfinder des Kinos. Um die bösen Hexen in Oz zu besiegen, konstruiert er prompt die Kinomaschine; und projiziert sich in einen Nebel (statt auf eine Leinwand); und sieht dabei aus wie George Meliès, Urvater des Spielfilms.

Spiderman-Regisseur Sam Raimi ist ein großartiger Regisseur. Da kann das Thema noch so infantil sein. Er weiß es einfach zu inszenieren. Und so pendelt sein Märchen zwischen Nostalgie und (fader) digitaler Knallbunt-Welt. Man verbeugt sich vor dem Kino: Zwar ist sie täuschende Trickmaschine. Doch glaubt man an sie, kann sie das Leben verändern, Menschen solidarisieren, das Böse bekämpfen. Wie rührend.