Ein Terroranschlag einer fiktiven religiösen Sekte löscht auch deren Mitglieder aus. Jahre später treffen sich einige ihrer Verwandten an dem See, über dem die Asche der Toten verstreut wurde. Auch ein überlebendes Sektenmitglied finden sie dort vor. Mit Anklängen an den Nervengasanschlag der Aum-Sekte in der Tokioter U-Bahn 1998 hat Koreeda ganz ohne Einsatz klassischer Horrorfilmstrategien einen realistischen Gruselfilm geschaffen, der zeigt, dass die wahren Schrecken nicht im Übernatürlichen liegen. Indem Distance sein Augenmerk auf die emotionalen Auswirkungen eines fiktiven Terroranschlags einer religiösen Sekte legt, drängt sich der Vergleich zum tatsächlichen Nervengasanschlag der Aum-Sekte auf das städtische U-Bahnnetz Tokyos im Jahr 1995 geradezu auf. Doch Distance ist nicht nur eine simple Reproduktion dieser Tragödie, sondern ein komplexes, erschütterndes Drama über Verlust und Trauer. Trotz zahlreicher Rückblenden auf jene Ereignisse, die zu dem verhängnisvollen Anschlag führten, gibt Koreeda Hirokazu die Motivation der Sekte nie preis. Sein gedämpfter Film ist vielmehr an den Reaktionen der Verwandten der toten Sektenmitglieder interessiert, entwickelt sich zu einer grübelnden Studie über ihre Gefühle von Verlust, Verantwortung und Verständnislosigkeit. Durch den Einsatz von Handkamera kreiert Distance jene verstörende Atmosphäre, die man eigentlich aus Horrorfilmen kennt außer dass es hier nichts Übernatürliches gibt. Distance ist ein schaurig-inspirierender Film, der beweist, dass das Interesse des japanischen Kinos an Gruseligem weit über die Grenzen von Horrorklassikern wie The Ring, Battle Royale oder Audition hinausreicht. Ähnlich wie bei Aoyama Shinjis Eureka verdeutlicht diese impressionistisch gehaltene Arbeit, dass wirklicher Horror in den Tiefen der Verständnislosigkeit zwischen dem Selbst und den Anderen zu finden ist. (Jamie Russell)
(Text: Viennale 2004)
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Details
- Regie
- Hirokazu Koreeda
- Kamera
- Yamazaki Yutaka
- Author
- Koreeda Hirokazu
- Musik
- Kasamatsu Yasuhiro