"Die Poesie des Unendlichen": Eine mathematische Arbeits-Romanze

"Die Poesie des Unendlichen": Eine mathematische Arbeits-Romanze
Die wahre Geschichte eines indischen Mathematik-Genies, das im Cambridge der 1910er Jahre in Zusammenarbeit mit einem Trinity-Professor bahnbrechende Formeln entwickelte, wird von Regisseur Brown zwar publikumswirksam unter Aufbietung großen Detailreichtums, aber auch recht konventionell nacherzählt.

Während der Originaltitel eher nach einem Superheldenfilm klingt: „The Man who Knew Infinity“, gibt sich der deutsche Titel wesentlich poetischer. Eigentlich verbirgt sich aber hinter beiden eine wahre Geschichte aus den Gefilden der höheren Mathematik und wir bekommen sensationelle Formeln geboten, die uns wohl nicht viel sagen werden. Davon sollte sich aber niemand abschrecken lassen, weil man sonst einen publikumsfreundlichen Film über ein aufregendes Kapitel aus der Wissenschafts-Historie des frühen 20. Jahrhunderts verpassen würde.

EIN INDISCHES MATHEMATIK-WUNDER

Jeremy Irons erzählt uns in seiner Rolle als angesehener Cambridge-Professor G.H. Hardy von einem außergewöhnlich begabten jungen Mann aus Südindien. Ramanujan ist ein Mathematik-Genie, das lange verkannt wurde. Mit 25 wird er von einem Förderer entdeckt, der ihm nicht nur einen Job, sondern vor allem Kontakte nach Übersee verschafft; und so kommt der Inder auf Hardys Einladung am Vorabend des Ersten Weltkrieges im Trinity-College an. Entgegen seinen Erwartungen wird er allerdings nicht mit offenen Armen empfangen. Doch allmählich gelingt es ihm, selbst die borniertesten Professoren mit seinem unendlichen mathematischen Verstand in Erstaunen zu versetzen.

Abgesehen von Alltagsproblemen (als Vegetarier kann er sich mit dem College-Essen nicht anfreunden und die ungewohnten europäischen Schuhe verursachen ihm Fußschmerzen) ergibt sich bald eine grundlegende Differenz zwischen ihm und seinem Mentor. Die Formeln fliegen dem Autodidakten Ramanujan einfach nur so zu, aber durch seine intuitive Vorgehensweise bleibt er ihre Herleitung und Begründung schuldig, die Hardy von ihm einfordert. Schließlich ist es für den überzeugten Atheisten und Skeptiker inakzeptabel, dass der Inder von seiner Gottheit die Inspirationen erhält.

NATIONALSTOLZE BRITEN

Der Kriegsausbruch beendet vollends das stille Forscherdasein. Der Schriftverkehr mit Ramanujans in der Heimat zurückgebliebenen Frau ist nicht mehr möglich und Nationaldünkel macht sich breit: der Inder sieht sich offenen Anfeindungen ausgesetzt (einmal wird er sogar von chauvinistischen Uniformträgern verprügelt), und intrigante Professoren versuchen seine wissenschaftliche Anerkennung zu hintertreiben. Damit nicht genug: Während sich im universitären Feldlazarett die Verwundeten häufen, kündigt sich bei Ramanujan durch beunruhigendes Husten eine schwere Krankheit an.

Die bahnbrechenden Formeln sind in einem recht konventionell erzählten Film eingebettet, der, nicht frei von Klischees, die Figuren etwas eindimensional erscheinen lässt. Immerhin erweckt Regisseur Matthew Brown mit großem Detailreichtum das Cambridge der 1910er-Jahre vor unseren Augen zum Leben. Besonderer Wert wurde dabei auf die Kriegsjahre gelegt und es wird manche vielleicht überraschen, dass bereits damals ein Luftkrieg über England stattfand - mit Bombenabwürfen aus Zeppelinen.

Als sympathisches Mathe-Genie sehen wir Oscar-Preisträger Dev Patel („Slumdog Millionär“). Für den zugeknöpften britischen Mathematiker, der sich mit dem Zeigen von Gefühlen schwer tut - später allerdings bekannte, die Zusammenarbeit mit dem Wunderjungen sei das „einzige romantische Ereignis“ seines Lebens gewesen -, bietet Irons die Idealbesetzung.

Ramanujans Formeln sind übrigens nach wie vor unverzichtbar: sie dienen heute zur Berechnung Schwarzer Löcher und erweisen sich als unentbehrlich für die Quanten- und Stringtheorie.

7 von 10 intuitiv ermittelten Bewertungspunkten.

franco schedl

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