Die neue Eiszeit

De neuwe ijstijd NL , 1974

Min. 76
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Der letzte Teil des Nord-Süd-Triptychons, gedreht in Holland und Peru. Der Holland-Teil erzählt über die psychische Verelendung einer Familie, in der alle ziemlich gravierende Hörschäden haben und sich das nicht eingestehen mögen. Den jüngsten Sohn, der eine Sonderschule besucht, halten sie für wirklich hörbehindert, weil er dazu auch noch kaum je ein Wort spricht. Er möchte aus der Schule heraus und auch in die Eisfabrik, wo seine beiden Schwestern eine zermürbende Arbeit haben. Der Peru-Teil erzählt über die Arbeit in den Bergwerken und das Leben in Villa el Salvador, einem Slum am Rande von Lima. Auch hier erfährt man etwas über die Lebensbedingungen einer einzelnen Familie, aber die Sequenzen haben eher einen autonomen Charakter. Es gibt eine lange Fahrt an Zechenanlagen vorbei. Man sieht den Verkehr auf einer großen Ausfallstraße in einer Montage aus hin und her gleitenden Schwenks und kurzen statischen Einstellungen, wie die Menschen sich hindurchwinden durch den nicht abreißenden Strom von Autos, Bussen, Karren. Die Leute von Villa el Salvador suchen sich, wie ihre Schweine, Lebensmittel aus den Abfallbergen. Jemand erzählt über die Inkas. Auf einer Versammlung setzen die Slumbewohner, die sich zu organisieren beginnen, ihre korrupten Repräsentanten ab. Die beiden Teile des Films werden nicht nebeneinander gestellt, sondern ineinander montiert; manchmal gehen die Töne aus Peru noch weiter, während man schon Bilder aus Holland sieht. Das Prinzip der Montage ist nicht Gegenüberstellung, sondern Gleichzeitigkeit, es ist eine Art Parallelmontage, oder: Die Bilder determinieren sich gegenseitig. Das gilt für alle drei Teile des Nord-Süd-Triptychons. (Filmkritik Nr. 281, Mai 1980)Der konventionelle Erzählstil geht von der Vorstellung aus, dass die Wirklichkeit und die in ihr gezeigten Personen von vornherein bekannt sind. Für mich und eine Reihe anderer ist es genau umgekehrt: Ich gehe von dem Gefühl aus, dass ich nichts kenne, und letztlich sind die gefilmten Bilder das einzige, was ich als erkennbare Wirklichkeit behalte. Das sind Augenblicke des Kontakts, der Erfahrung, die von der Welt übriggeblieben sind, in die man sich begeben hatte. Meine Filme bestehen im Allgemeinen nicht aus Bildern, die einen Teil eines bereits bestehenden Ganzen ausmachen, sondern es sind Momente, aus denen sich der Betrachter selbst ein Bild zusammenstellen kann. Das Bild wird also in zwei Phasen geformt, im Film und Montieren einerseits, im Wahrnehmen des Films durch den Betrachter andererseits. (Johan van der Keuken)

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