Die Nazis wollten Deutschland ein
Gesicht geben, das ihnen gefiel. Sie waren ausgesprochen schönheitsbedürftig.
Sie schätzten Filme, die deutsche Kultur darstellten, Kulturfilme.
Die Kulturfilme bestritten bei allen Kinovorstellungen ein halbstündiges
Beiprogramm. Auf jeden Meter Spielfilm kam mehr als ein Meter Film
ohne Spielhandlung. Wie kann man über diese Bilder sprechen?
Es hat nach dem Krieg keinen Bildersturz gegeben, der die Filme in
einem Akt der ersten Empörung zerstört hätte. Die Filme
wurden konfisziert - und das ist etwas anderes.
Sie sind unter Verschluss, in einem Museum der Geschichte gefangengehalten:
Man muss sie freikaufen, um sie zeigen zu können, und man kriegt
sie nur heraus, wenn der Kontext sie gewissenhaft dosiert, unschädlich
macht: Man benutzt die Bilder als Dokumente.
Sie sollen belegen, wie der Faschismus gewesen ist, und gleichzeitig
müssen sie gegen sich selbst sprechen: so wie man es mit Agenten
macht, die übergelaufen sind und umgedreht werden. Worüber
können diese Bilder sprechen? (Hartmut Bitomsky)
Angaben zu historischen Daten, Namen und sogar Analytisches halten
Bitomsky und Mühlenbrock so knapp wie möglich. Sie lassen
die Filme weitgehend für sich selbst sprechen, es gibt nur fünfzehn
Minuten Kommentar in ihrem einstündigen Film. (...) Bitomskys
Kommentar ist weniger auf Analyse als auf gedankenreiche Anspielungen
aus, will dem Zuschauer nicht Filmgeschichte vermitteln, sondern ihn
aus seinen Denkgewohnheiten herauslocken. Dieser Dokumentarfilm steht
in der Tradition des politischen Filmessays, in einer Reihe mit Werken
von Chris Marker und Jean-Luc Godards Letter to Jane, die ebenfalls
ihre zweifelnden Fragen an ideologiebefrachtetes Bildmaterial stellen.
(Karen Rosenberg)
Deutschlandbilder (...) ist eine Montage aus Nazipropaganda
und -kulturfilmen. Ihr Zentrum ist die Arbeit. Werkssport, Ernährung,
Körperkult, Freizeit: alles ist auf den Arbeitsprozess bezogen.
Das Schönheitsideal der Zeit gipfelt in der Arbeit selbst. Bitomsky
findet die Vorliebe für Paraden in den Bildern wieder, auch in
den teilweise aberwitzigen Choreographien, in denen Werkzeuge und
Maschinenteile tanzen. Sie sind tautologisch: «Das Ausgerichtete
ist geradlinig - die Natur natürlich - das Organische lebendig
- Anmut harmonisch - und so weiter.» Bitomsky wertet nicht.
Er zeigt Respekt vor der Kraft, die die Bilder erlangen konnten. (Barbara
Häusler)
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Details
- Kamera
- Carlos Bustamante
- Author
- Hartmut Bitomsky