Dass eine Stadt viele Gesichter habe, heißt es oft. Dass es darauf ankäme, wo genau man sich befinde, im Zentrum oder an der Peripherie, im dichten Verkehr oder in Parkanlagen, hoch über den Dächern oder gar unter der Erde. Das Bild jeder Stadt setzt sich eben aus unzähligen Einzelbildern zusammen, aus zufälligen Momentaufnahmen, vorgefertigten Perspektiven und unerwünschten Irritationen. Jem Cohen, der seit mehr als zwanzig Jahren auf ein ständig anwachsendes Archiv von unterschiedlichen Stadtansichten, Straßenaufnahmen und Porträts zurückgreifen kann, hat in A Tale of Two Cities Bilder seiner Heimatstadt New York und solche aus Wien in Verbindung gesetzt: Die Aufnahmen der beiden Städte, die auf den ersten Blick keinen Zusammenhang bilden, formen dabei eine buchstäblich neue Perspektive: Die offensichtlichen und bekannten Unterschiede von Architektur und Straßenbild werden zunehmend aufgehoben, die Orte - ein leerer Treppenaufgang hier, eine belebte Straße dort - tauschen miteinander Form und Eigenschaft. Je ähnlicher sich die meist nächtlichen Bilder dabei werden, die lange Geschichte der beiden Städte für eine Minute zu einer gemeinsamen wird, desto eindringlicher irritieren weiße, leblose Gesichter: Aufgenommen im anatomischen Institut der Universität, blicken die toten Augen von Wien als stumme Zeugen auf ihre Betrachter zurück.
(Text: Viennale 2007)
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