Der Tod des Empedokles oder Wenn dann der Erde Grün von neuem euch erglänzt

Der Tod des Empedokles oder Wenn dann der Erde Grün von neuem euch erglänzt

BRD, F, , 1986

Der Tod des Empedokles oder Wenn dann der Erde Grün von neuem euch erglänzt
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Hölderlin schreibt 1798 die erste Fassung seines Trauerspiels, geschult an klassischer Metrik und an Klopstock, mit jenen Verslängen, Prosaeinwürfen und Brüchen, die diese Tradition radikalisieren. In der Klassizität dieser Sprache entspringt dem unterlegten Metrum die Rhythmik der Signifikate. Diese Rhythmik der Bilder und Begriffe bricht das wiederkehrende Gleichmaß des Metrums und gibt sich an die «Natur» der Sprache, an Laut und Akzent des Sprechens hin. An der Klassizität selbst wird ein anderes sichtbar. So erschienen an den antiken Kostümen der französischen Revolution die errungene Gleichheit und Tugend der Vernunft zugleich mit den furchtbaren Zügen jener Freiheit, die sich als Terror gegen Menschen und Umwelt entfaltete. Straub/Huillet mag diese Konstruktion des Hölderlinschen Trauerspiels Vor-Bild gewesen sein. In ihren Bildern erkennt man ein ähnlich gebrochenes Verhältnis klassischer Strenge, natürlicher Fülle, Reduktion der Elemente des Films und Expansion ihrer möglichen Beziehungen, d.h. Potenzierung der Wahrnehmung des Zuschauers. Was an dem Film irritiert, ihn anstrengend oder auch langweilig erscheinen lässt, ist die Präzision dieser Arbeit, die nicht nur mit den Schauspielern und Bildern, sondern auch mit dem Zuschauer geschieht. Das Verweilen der Bilder ermöglicht ihre Entzifferung, lehrt uns das Lesen, wie die Brüche des Tons der Rede das Hören lehren. Und was wir dort lesen und hören, enträt jedem überraschenden Ereignis. Nicht dem Bildungserlebnis und nicht dem Spektakulärem widmen sich die Filme der Straubs. Jenes gibt vor, die klassische Einheit des Werks «Hölderlin» zu zeigen und hängt sich an die Verfallenheit seiner Aura, wie dieses uns nichts zu zeigen und allein uns zu amüsieren vorgibt. (Helmut Krebs, Stadtkino-Programm Nr. 121) In Hölderlins Text ist viel Musikalisches. Man sollte Hölderlin zur Aufführung bringen und ihn hören. Ich fand es außerordentlich, fast befremdlich, wie sehr durch die Metrik, durch die Abfolge von betont, unbetont Hölderlin auch den sogenannten Sinn seiner Verse mitbestimmt. Nehmen wir die Zeile: «Und Schönes stirbt in traurig stummer Brust nicht mehr.» Da war ich zunächst versucht, den psychologischen Aspekt herauszuarbeiten, und sagte: «in traurig stummer Brust», ich betonte also «traurig», und ich erinnere mich, dass Danièle Huillet gleich darauf bestand, genau dem Rhythmus zu folgen und so die beiden Wörter gleichgewichtig zu machen: traurig und stumm. (Andreas von Rauch, Stadtkino-Programm Nr. 121)


(Text: Viennale 2008)

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