DER (VORERST) LETZTE SCHREI


Der schwarze Umhang des Ghostface-Killers war ohnehin immer eine bloße Hülle, die von verschiedenen Personen übergestreift werden konnte: sei es ein harmloser Slasher-Fan oder ein blutrünstiger Schlitzer.

Daher verwundert es nicht weiter, wenn 11 Jahre nach dem letzten Mord das Grauen im einschlägig bekannten Städtchen Woodsboro wieder Einzug hält.

Sidney Prescott, Veteranin aller früheren Teile und frischgebackene Bestsellerautorin, muss beim Besuch ihres Heimatorts ihre junge Cousine und deren Freundes-Clique vor den Nachstellungen des neu erstandenen Masken-Mannes schützen, wird aber ihrer Aufgabe nicht ganz gerecht, da sich rasch die Leichen häufen. Offensichtlich will der neue Killer Ghostface‘ frühere Morde kopieren und in Eigenregie eine Art Remake zu „Scream 1“ veranstalten.

Damit steht er ganz im Zeichen einer zeitgenössischen Gruppe von Regisseuren, die sich auf Sequels und Reboots spezialisiert haben. Folgerichtig spielt hier ein örtlicher Filmclub eine wichtige Rolle und kurz vor der überraschenden Auflösung des Mörder-Rätsels muss ein verängstigtes Opfer noch bei einem sadistischen Telefon-Quiz Fragen zur Horror-Filmgeschichte beantworten und z.B. eine Reihe von berühmten Neuverfilmungen aufzählen.

Dabei macht „Scream“ natürlich auch vor sich selbst nicht halt und erscheint gemäß seines film-internen Universums unter dem Titel „Stab“, von dem es angeblich gar schon 7 Teile gibt. Und so dauert es eine ganze Weile, bis wir die eigentliche Handlungsebene erreichen, da wir zuvor ein regelrechtes Spiegelkabinett von Film-in Film-Sequenzen durchqueren müssen.

Diese gnadenslose Selbstbezüglichkeit und augenzwinkernde Obercoolness kann manchmal ziemlich lästig werden und besonders das immerwährende iPhone-Geklingel zerrt garantiert nicht nur an den Nerven der Filmfiguren, sondern strapaziert erst recht die Geduld der Zuseher. Aber vielleicht ist das bloß das Urteil eines Angehörigen jener Generation, die noch nicht mit dem Handy in der Hand geboren wurde.

Auch ansonsten gehen die neuen Scream-Typen ganz mit der Zeit und bedienen sich aller technischen Finessen wie Webcam, Livestream oder Twitter, und Ghostface könnte durchaus als Produzent von Snuff-Movies Karriere machen.

Wes Craven und sein Drehbuchautor Williamson bleiben trotz allen Zugeständnissen an eine veränderte Technologie ihrer bewährter Methode treu, indem sie genretypische Klischees herbeizitieren, auf den Kopf stellen und mit blutigen Anschauungsbeispielen verdeutlichen. Davon bekommt man in „Scre4m“ (wie der verspielte Originaltitel lautet) mehr als genug geboten und ohne die Schlachtopfer mitgezählt zu haben, müssen es gefühltermaßen an die 30 gewesen sein. Doch wen wundert das bei Figuren, die offenbar eine ganz spezielle Welt bewohnen, in der man sich an Stelle eines fröhlichen „"Hallo, wie geht’s?"“ lieber mit einem saftigen Bauchstich begrüßt. Demgemäß vergebe ich 7 von 10 blutverkrusteten Messerklingen.

franco schedl