"DER MEISTER" UND "DIE ROTHAARIGE"

Sagt das Modell: „Darf ich mich bewegen?“

Sagt der Maler: „Wenn ich Sachen malen will, die sich nicht bewegen, würde ich Äpfel malen.“

Dann malt er Zitronen.

Andrée, das schöne, rothaarige Modell, wird dennoch wiederkommen, aus dem Nirgendwo der Stadt aufs Land radeln, um sich malen zu lassen. Wir schreiben 1915. Und es ist der alte, Arthritis-kranke Auguste Renoir (1841–1919), den sie inspiriert und vor dessen Leinwand sie steht, liegt, sitzt und sich bewegt.

„Renoir“, so heißt der Film, genauso gut hätte man ihn „Die Rothaarige“ nennen können. Denn ebenso wie der Maler, den alle hier demütig „Der Meister“ nennen, steht auch sein Modell im Mittelpunkt des Künstlerporträts.

Dabei wollte er das ja überhaupt nicht sein: ein Künstler. „Arbeiter der Malerei“, nannte er sich stattdessen. Als Bemaler von Porzellan-Tellerchen hat er begonnen. „Ich will den Menschen mit meiner Malerei Freude bereiten. Unglück gibt es ohnehin genug.“ Tatsächlich hat Renoir das Unglück gekonnt in seinen Bildern ausgespart. Und das mitten im Ersten Weltkrieg. Während rund um ihn herum die Welt unterging, zwei Söhne verschollen sind, seine Frau gerade gestorben ist. Da malt er in seinem Gartenhaus schöne Frauen und blühende Blumen. Zumindest erzählt uns das dieser Film so, der mit Renoir nicht immer unkritisch umgeht.

Das Schöne, das Magische an Renoirs Malerei ist auch das Schöne, um nicht zu sagen, das Beste an diesem Film hier: die Farben, die glühen und vergehen. Der berühmte Wong-Kar-wai-Kameramann Mark Ping Bing Lee hat mit viel Technik virtuos einen Film gemalt.

Es grünt so grün in vielen Grüns, wenn Renoir Picknick macht und sich über Wald und Wiese und Fluss in seinem Rollstuhl tragen lässt (obwohl er, wie der Film erzählt, gehen kann).

Inhaltlich hätte mehr Verdichtung gut getan: Man bleibt gefahrlos bei gepflegter Nacktheit & wohlerzogenem Arthaus. Wenn Andrée einmal mault: „Er malt mich immer dicker als ich bin“, wird der Film auf den Punkt gebracht. Für Renoirs oft saftige, fleischige Frauen posieren hier dem Zeitgeist gehorchend allzu schlanke, moderne Models. In Andrée verliebt sich jedenfalls der kriegsverletzte Sohn Jean Renoir, der später Frankreichs legendärer Filmregisseur werden sollte. Mit Filmen wie „Die große Illusion“ zeigte zumindest er nicht nur die Schönheit im Leben.