DER JUNGE MANN UND DAS FLOSS
Da hat ein Mann namens Thor Heyerdahl 10 Jahre seines Lebens in den Beweis einer Theorie investiert, aber niemand will ihm glauben, dass Polynesien ursprünglich via Südamerika besiedelt wurde. Was bleibt ihm also anderes übrig, die Zeit um 1500 Jahre zurückzudrehen und den Beweis selber anzutreten sozusagen proving by doing. Und mit welcher Überzeugung dieser Mann ans Werk gegangen ist, erkennt man daran, dass hier jemand nicht davor zurückschreckt, auf einem Floß den Pazifik zu überqueren (und somit 8000 km auf dem Meer zurückzulegen), obwohl er nicht schwimmen kann. Die legendäre Überfahrt von Peru nach Polynesien hat 1947 stattgefunden und die 6köpfige Crew war 101 Tage auf dem Floß aus Balsahölzern unterwegs, das von Heyerdahl nach dem Sonnengott der Inkas Kon-Tiki getauft wurde.
Das Abenteuer war so großartig, dass es die teuerste norwegische Filmproduktion aller Zeiten vollauf gerechtfertigt hat. Der Aufwand hat sich auch insofern gelohnt, weil das Werk bei den heurigen Oscars eine Nominierung für den besten fremdsprachiger Film erhielt allerdings hatte es in dieser Hinsicht gleich zweifaches Pech: ersten hieß der stärkste Konkurrent Michael Haneke und zweitens gab es im Wettbewerb dank Ang Lee bereits einen Film, der eine ganz ähnliche Geschichte erzählte, wenn auch technisch viel aufgemotzter und phantastischer in Szene gesetzt. Heyerdahls abenteuerliche Fahrt war zwar auch ständig vom Schiff- oder Floßbruch bedroht, aber zumindest wäre dann kein digitaler Tiger in Erscheinung getreten, sondern bloß ganz normale Haie hätten sich über einen Seemannsimbiss gefreut.
Bei sechs für über drei Monate auf einem Floß zusammengepferchten Männern kommt es zwangsläufig zu Konflikten und vor allem das Vertrauen in die Haltbarkeit des urtümlichen Gefährts bereitet dem zweiten Mann an Bord schlaflose Nächte. Solchen Zwistigkeiten zum Trotz bleiben die Figuren aber ziemlich farblos, weil da wohl eben doch das perfekt in Szene gesetzte Drumherum wichtiger war; und irgendwelche dunklen Seiten am norwegischen Nationalhelden aufzudecken wäre sicher nicht im Sinn der nationalen Produktion gewesen.
8 fliegende Fische sind jedenfalls auf unserer 10stelligen Wertungsskala gelandet.