"Deadpool": Antiheld mit Kultpotential
Geh bitte, nicht schon wieder ein Maskenfatzke! Oder unterscheidet sich dieser Typ mit dem unschönen Äußeren, das er in dem rot-schwarzen Latexanzug verbirgt, etwa wesentlich von all den andern Wundermännern und -frauen der vereinigten Marvel-Kräfte? Dieses Argument hat tatsächlich viel für sich: Deadpool verfügt zwar über ähnlich sensationelle Selbstheilungskräfte wie Wolverine (immerhin ist er denselben paramilitärischen Experimentatoren der Organisation „Waffe X“ in die Hände gefallen), weist aber mit den X-Men ansonsten nicht viel Gemeinsamkeiten auf. Der zynische Einzelgänger mit dem großen Mundwerk erinnert eher an „Kick-Ass“, wobei Arschtritte noch das Sanfteste sind, was er austeilt, wenn er wirklich loslegt. Das merken wir gleich zu Beginn in einer großen Action-Sequenz auf einem innerstädtischen Highway, die immer wieder durch Rückblenden zerhackt wird. Das ergibt eine interessante Erzählstruktur: während Deadpool seine Feind verhackstückt, werden wir so über seine bisherige Lebensgeschichte informiert – und da bleibt überraschenderweise sogar Platz für eine große Lovestory.
Dieser Kerl ist ein vulgärer Sprücheklopfer, kennt keinen Genierer und fällt obendrein immer wieder aus der Rolle, indem er die sogenannte „Vierte Wand“ durchbricht, um sich direkt an die Zuschauer zu wenden und uns z.B. auf unlogische Handlungselemente hinzuweisen. Vor seinen Witzen ist niemand sicher – auch nicht eine blinde alte Oma, die als Haushälterin bei ihm lebt, und schon gar nicht Ryan Reynolds selbst, der in dem Maskenanzug steckt.
Wer in der immer unübersichtlicher werdenden Welt der Comic-Verfilmungen einigermaßen den Überblick behalten hat, wird sich vermutlich daran erinnern, dass Deadpool kein absoluter Kino-Neuling ist, sondern bereits 2009 in „X-Men Oirigins: Wolverine“ einen Auftritt absolvierte. Auch damals wurde er schon von Reynolds gespielt, der dann wenig später als „Green Lantern“ noch größer rauszukommen versuchte, aber einen Flop erlebte. Da soll er sich schon lieber an den „Söldner mit der großen Klappe“ halten: in dieser Rolle könnte er die Marvel-Welt aufmischen und zu einem ikonischen Anti-Helden werden, den wir noch öfter zu Gesicht bekommen möchten.
7 von 10 wieder nachwachsenden Körperteilen.