Die Schilderungen der drei "Großmütter" der Regisseurin fallen sehr unterschiedlich aus. Die jüdische Großtante hat Auschwitz überlebt. Das Kindermädchen war Sozialistin und Widerstands-Sympathisantin. Die gutbürgerliche Großmutter kann sich an nichts erinnern. Erhellend.
Anja Salomonowitz porträtiert drei Frauen aus ihrer Familie, die während der NS-Zeit fast noch Mädchen waren. Alle drei waren an ihrer Erziehung wesentlich beteiligt. Sie standen auf verschiedenen Seiten, stellen die Geschichte heute unterschiedlich dar, gehören jeweils anderen Erinnerungskollektiven an: Hanka Jassy, ihre Großtante, hat Auschwitz überlebt. Gertrude Rogenhofer, ihr Kindermädchen, war Sozialistin und unterstützte ihren Onkel im Widerstand. Margit Kohlhauser, die Großmutter, lebte während des Krieges in Graz. Sie tat dort, was die meisten taten: nichts. Der Film stellt sich den familiären Erzählungen, untersucht die Nachwirkungen der Geschichte. Während die Großmutter beharrlich behauptet, sich nicht erinnern zu können, erzählt Gertrude Rogenhofer sehr wohl von den Löchern, die die Deportation jüdischer Bekannter im Leben hinterlassen hat. Hanka wiederum findet keine Worte, um auszudrücken, was zu vergessen sie nicht im Stande ist. Anja Salomonowitz konfrontiert sich und ihre Familienmitglieder mit den unter-schiedlichen Erinnerungen. Im Zusammenschnitt und in der Off-Stimme reflektiert die Filmemacherin die widersprüchliche Aufgabe, gleichermaßen in der Genealogie des Opfer- wie des Täterkollektivs zu stehen. Sie legt dabei ihre familiäre Verbunden-heit ebenso offen, wie sie die Mechanismen der Abwehr, der Verleugnung, des Erzählens und Verschweigens sichtbar werden lässt. Sie stellt Fragen und ist, wenn sie ihre Großmutter ins Bild setzt, ebenso sehr Enkelin wie Nachkommende von Überlebenden. (Nora Sternfeld) Am Ende tritt die Filmemacherin selbst ins Bild, entzieht sich der Verantwortung nicht, die ihr das Scheitern am Wunsch, Dinge zu klären, das Scheitern an der Unüberblickbarkeit ihres Problemfelds auferlegt. Sie werde nie verstehen, was an Belastung, an Lebensqual da sei, wenn man das Konzentrationslager erlebt habe, teilt ihr eine der Porträtierten noch apodiktisch mit, verweigert damit jede weitere Mitwirkung an dem Filmprojekt. Es ist der Dokumentaristin und ihrer Arbeit dennoch anzusehen, dass dieses Ende nur ein vorläufiges sein kann, wird und muss: Wovon niemand reden kann, darüber muss man sprechen. (Stefan Grissemann )
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Details
- Schauspieler
- Gertrude Rogenhofer, Margit Kohlhauser, Hanka Jassy, Yael Salomonowitz, Ludwig Jassy, Josef Kohlhauser
- Regie
- Anja Salomonowitz
- Kamera
- Leena Koppe
- Musik
- Sami Zeciri
- Verleih
- sixpackfilm