DAS BÖSE KOMMT UNERWARTET

Man kann sagen, es herrscht derzeit eine Art Kult um skandinavische Werke. Seien es Bücher oder Filme, alle tragen zum Ausbruch des düsteren nordischen Fiebers bei. Man liest Jo Nesbo, Henning Mankell oder Arnaldur Indriðason und verfolgt gebannt den schwedischen Polizist „Wallander“ oder die fürs Kino adaptierte „Millenium“-Trilogie von Stieg Larsson. Nun schockt sich eine neue Krimi-Reihe in die Leserherzen – die Carl-Mørck-Romane des dänischen Schriftstellers Jussi Adler-Olsen, von denen seit 2007 bereits fünf Bände erschienen sind. Landsmann Mikkel Nørgaard bringt den ersten Teil jetzt auf die Leinwand und das mit treffender Düsterheit, aber auch gutem Humor.

Als ein Einsatz des Kopenhagener Kommissars Carl Mørck mit einem getöteten und einem von Hals abwärts gelähmten Kollegen endet, verbannt ihn sein Chef in den Keller der Polizeiwache. Dort soll der mental angeschlagene Mørck alte Akten sortieren und ungelöste Kriminalfälle unauffällig zum Abschluss bringen. Doch beim niemals lächelnden Kommissar meldet sich die untrügliche Spürnase erneut, als er über den Fall der seit einem halben Jahrzehnt spurlos verschwundenen Politikerin Merete Lynggaard stolpert. Gemeinsam mit seinem syrischen Assistenten Assad macht er sich auf die Suche nach neuen Hinweisen und sieht sich vor schweren Hürden. Der einzige Zeuge in diesem brisanten Fall ist Meretes autistischer Bruder Uffe, der kein Wort spricht. Währenddessen schwinden Meretes Kräfte in einer unheimlichen Druckkammer dahin…

Die hollywooderprobten Darsteller Fares Fares („Safe House“, „Zero Dark Thirty“) und Nikolaj Lie Kaas („Illuminati“, „Dänische Delikatessen“) harmonieren exzellent. Große Beachtung sollte man auch Mikkel Boe Følsgaard („Die Königin und der Leibarzt“) schenken, der die äußerst anspruchsvolle Rolle des behinderten Uffes herausragend verkörpert. Sonja Richter in der Rolle der verschwundenen Frau erzeugt Gänsehaut, wenn sie ihr Können in den wenigen Momenten der absoluten Verzweiflung voll zum Einsatz bringt.

Mit so einer Besetzung sollte eigentlich dieser spannende Film ohne Mühe ein Volltreffer werden und doch bleiben die Schauplätze ausdruckslos und austauschbar. Es gibt keine typischen skandinavischen Orte oder Detailverliebtheiten. Hier konzentriert man sich ganz allein auf den zu lösenden Fall mit all seinen detektivischen Spielereien und vergisst dabei fast auf das Leiden von Merete. Der Verfall und die Auswirkung der Isolation werden nur bedingt dargestellt und so wird die fürchterlich klaustrophobische Gefangenschaft in wenigen Minuten mit recht oberflächlichen Schockmomenten abgehandelt.

Die humorvollen Begegnungen zwischen Mørck und Assad, die solide schauspielerische Leistung aller Protagonisten und die Thematik rund um das Verbrechen machen den Film aber dennoch zu einem guten und spannenden Thriller. Es stellt sich die Frage, woher die Krimiautoren ihren brutalen Stoff für derart bedrückende Werke nehmen – ein Blick in die echte Welt genügt manchmal. Ich vergebe ganz ohne Druck 8 bar.