"Book Club": Fifty Shades of Sex and the City für Omas
Unsereiner kann sich ja höchstens über den schlechten Schreibstil von E. L. James erregen, aber was kommt wohl dabei heraus, wenn sich ein paar ältere Frauen durch die Lektüre der "Fifty Shades of Grey" Bücher anregen lassen und einen zweiten Frühling erleben? Greifen sie nun zu ihren Stricknadeln, um sich gegenseitig zu pieksen oder peitschen sie sich mit Brennesselstauden von ihrem Kräutergarten aus? Leider nein: das würde in diesem Film schon viel zu viel innovatives Verhalten erfordern. Hier soll jedoch nichts riskiert und nirgends angeeckt werden, um die harmlose Unterhaltung nicht zu gefährden.
Ein seltsamer Buchklub
Die Aufgabe eines Buchklubs besteht doch wohl darin, über das Gelesene zu reden, Meinungen einzubringen und zu diskutieren. Das ist bei unseren vier Freundinnen überhaupt nicht der Fall, obwohl sie das nach 40jähriger Buchklub-Praxis eigentlich besser wissen sollten. Sie kommen zwar zu den regelmäßigen Treffen, haben dann aber nur ihre persönlichen Probleme und Problemchen abzuhandeln und erwecken dabei den Eindruck einer lahmen "Sex and the City"-Runde für Omas.
Liebesprobleme der vier Frauen
Diane (natürlich Diane Keaton) ist ziemlich frisch verwitwet und wird von den beiden erwachsenen Töchtern wie eine entmündige Greisin behandelt. Als sie dann einen Piloten mit Latin Lover-Charme (Andy Garcia) kennenlernt, plant sie nur unter strengster Geheimhaltung ein Rendezvous. Die lebenslustige Vivian (Jane Fonda) hat sich seit vier Jahrzehnten nicht mehr ernstlich verliebt, sondern nur eine Affäre an die nächste gereiht, aber ein Mann wie Don Johnson wird schon dafür sorgen, dass sich das rasch zum Besseren wendet. Die Richterin Sharon (Candice Bergen) lebt seit ihrer Scheidung vor 18 Jahren enthaltsam, doch nun entschließt sie sich, einer Online-Datingplattform beizutreten und sitzt bald einem Steuerprüfer in Gestalt von Richard Dreyfuss gegenüber. Bei Carol (Mary Steenburgen) ist schließlich die Ehe zur Routine geworden und im Bett läuft nichts mehr - daran können auch ein gemeinsamer Tanzkurs oder etwas Viagra im Bier nichts ändern.
Zwischendurch werden noch ein paar Wortwitze eingestreut, die womöglich verrucht sein wollen. Wenn die Richterin ihre altersschwache Katze zum Tierarzt bringt, redet der vieldeutig von einer müden, alten Pussy; oder Carols Mann malt sich aus, wie heftig er sein altes Motorrad reiten wird, während die frustrierte Frau darauf nur mit einem enttäuschten Blick reagieren kann.
Brav und bieder
Dass ausgerechnet „Fifty Shades of Grey“ hier auf der Leseliste steht, wirkt wie ein matter Vorwand, das Publikum durch einen massentauglichen Titel für diesen Film zu interessieren. Eigentlich hätten die Vier genauso gut „ Madame Bovary“ oder einen Fortsetzungsroman aus einer Hausfrauenzeitschrift lesen können. Das Ergebnis wäre nicht viel anders ausgefallen, denn die Lektüre bewirkt nur ein paar jugendfreie Abenteuer und es bleibt bis zum vierfachen glattgebügelten Happy End alles erstickend spießig, brav und bieder. Obwohl man sich - den tollen Darstellerinnen und ihren namhaften männlichen Kollegen zuliebe - immer wieder zwingen möchte, die hier erzählten Geschichten romantisch, liebenswert und witzig zu finden, verbreitet das uninspirierte Drehbuch bleierne Schwere und je länger die Laufzeit dauert, umso unmöglicher wird es, entweder den Blick auf die Uhr oder ein herzhaftes Gähnen zu unterdrücken. Im Vergleich dazu ist sogar Anastasia Steele eine aufregend glaubwürdige Figur - und das will etwas heißen.
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