Blade Runner 2049: Ist Deckard ein Replikant?
Das große Rätsel am Ende von "Blade Runner" (1982) ist, ob der Replikanten-Jäger Rick Deckard selbst ein Replikant ist. Diese Frage beantwortet auch die Fortsetzung "Blade Runner 2049", die 30 Jahre nach den Ereignissen des ersten Films spielt, nicht eindeutig. Damit öffnen Regisseur Denis Villeneuve und seine Drehbuchautoren Hampton Francher (er ist auch einer der Autoren des Drehbuches von 1982) und Michael Green wieder Raum für Fan-Theorien. Ein prominenter Fan, der Comic-Autor Mark Millar ("Wanted", "Kick-Ass", "Kingsman"), hat auf seinem Blog Millarsworld bereits eine spektakuläre These vorgestellt, die der gesamten Handlung von "Blade Runner 2049" einen unerwarteten Twist geben würde.
SPOILER-ALARM! Wer "Blade Runner 2049" noch nicht gesehen hat und nichts über die Handlung des Science-Fiction-Films erfahren will, sollte sich hier ausloggen.
Hauptprotagonist der Handlung ist der Blade Runner K (Ryan Gosling), der selbst ein Replikant der Nexus-9-Serie ist. Auf der Jagd nach einem Replikanten der Nexus-8-Serie macht er eine folgenschwere Entdeckung. Vor beinahe 30 Jahren brachte Rachel, die Replikantin mit der Deckard am Ende des ersten Teils verschwunden ist, ein Baby zur Welt. Wie ist das möglich? Und wo ist das Kind jetzt? K macht sich auf die Suche und wird dabei von anderen verfolgt, die auch ein Interesse an dem Kind haben. Die Spur führt direkt zu Deckard – und K führt Deckard schließlich zu seiner Tochter Ana, eine Herstellerin von implantierten Erinnerungen für Replikanten.
Spielt sich alles nur im Kopf von Deckard ab?
Mark Millar meint, die gesamte 164-minütige Handlung nur als eine Illusion identifiziert zu haben. Das Motiv des Films sei demnach nicht die Suche nach dem Kind, sondern vielmehr die Wiedervereinigung von Vater und Tochter. Demnach sei zwar vor knapp 30 Jahren ein Replikanten-Baby geboren worden. Rachel starb auch bei der Geburt und Deckard hat sich tatsächlich von seiner Tochter getrennt, um sie zu schützen und ihr ein Leben in Sicherheit zu ermöglichen. Doch K hat nie existiert.
Die gesamte Handlung rund um K ist demnach eine implantierte Erinnerung im Kopf von Deckard. Ana hat diese (per Remote-Control) in seinen Kopf gepflanzt, damit Deckard zu ihr zurück kommt.
Millar leitet diese Interpretation vor allem aus der Schlussszene des Films ab: K stirbt draußen im Schnee und betrachtet dabei seine Hand und die Schneeflocken. Unmittelbar darauf arbeitet Ana in ihrem "Labor" an einer Erinnerung, bei der sie ähnlich wie K ihre Hand den Schneeflocken entgegen hält. Erst dann wendet sie sich ihrem Vater zu.
Darüber hinaus will Millar auch noch weitere versteckte Hinweise in "Blade Runner 2049" gefunden haben, die seine These untermauern.
Der wichtigste dieser Hinweise sei der Name von Ryan Gosling's Charakter K. Deckard fragt ihn, wie er heißt. Zunächst antwortet er "K", doch Deckard besteht auf einen echten Namen. Schließlich nennt er sich Joe. Sein voller Name lautet also Joe-K, ausgesprochen wie Joke (Scherz). Darin sieht Millar einen klaren Hinweis darauf, dass K genauso virtuell ist wie seine AI-Freundin Joi. Denn Millar ist sich sicher: "Nichts was Regisseur Villeneuve tut, ist Zufall."
Mit dieser Interpretation wäre freilich auch die Frage nach der Natur von Deckard beantwortet: Deckard ist ein Replikant und der Vater des ersten nicht von Menschenhand produzierten, sondern frei geborenen Replikanten Ana.
Erwin Schotzger