Zeiten und Winde
Bes vakit Türkei , 2006
Ein Mädchen und zwei Jungen, Dorfkinder in der Vorpubertät, sind die Protagonisten dieses Films. Sie haben mit den üblichen Problemen des Erwachsenwerdens zu kämpfen und dabei gleichzeitig mehr und weniger Freiheiten als ihre Altersgenossen in der Stadt: Weil es keine weltlichen Gefährdungen gibt, können sie unbeaufsichtigt durch die Landschaft streifen, aber sie wissen, dass sie den ihnen auferlegten Pflichten unbedingt nachkommen müssen. Beiläufig vergeht der Tag, an dessen Ende jemand sterben wird, und es zeigt sich, dass strenge Zucht kindlichen Hass hervorbringt, gegen den göttliche Gebote machtlos sind. Reha Erdem arrangiert die Kinder zwischen Bäumen, verlassenen Gebäuden und Schafherden zu Tableaus im Breitwandformat; totale Aufsichten - der göttliche Blick - zeigen die drei flach auf den Boden gepresst unter dem Druck, der auf ihnen lastet. Die Farben sind ausgebleicht, die Landschaft wirkt trocken und karg, das Meer sieht man nur aus der Ferne. Einzig das dünne, spitze Minarett der Moschee erhebt sich mit fast aggressiver Eleganz über die geduckten Häuser und Menschen. Times and Winds ist im äußersten Westen der Türkei nahe der ägäischen Küste gedreht: eine Geschichte aus der Provinz, von Tradition und Religion, Kindern und Tieren. Das Bildungs-, Wohlstands- und Glaubensgefälle zwischen Stadt und Land ist riesig, selbst in die touristisch erschlossene Ägäis-Region scheint die Modernisierung nur langsam Einzug zu halten. Die Kinder sind ernst und stumm, überhaupt wird in diesem Film wenig gesprochen, dafür umso mehr geschaut und beobachtet: Da gibt es heimliche Lieben und Obsessionen, kleine Sünden, die hart bestraft werden, und stille Bündnisse der Kinder gegen die Erwachsenen. Getrennt sind die Sphären der Männer und der Frauen, und die Kinder, die noch zusammen spielen dürfen, wissen, dass dies nicht mehr lange so sein wird. Times and Winds ist ein Film gegen alle Sentimentalisten, die dem Mythos der glücklichen Kindheit das Wort reden. (Daniela Sannwald)
(Text: Viennale 2006)
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Details
- Schauspieler
- Özkan Özen, Ali Bey Kayali, Elit Iscan, Bülent Emin Yarar, Taner Birsel, Yigit Özsener, Selma Ergeç
- Regie
- Reha Erdem
- Kamera
- Florent Herry
- Author
- Reha Erdem
- Musik
- Arvo Pärt