Avant que j'oublie erzählt die Geschichte des bald 60-jährigen homosexuellen Pierre, der mit der Entfremdung in einer sich stetig modernisierenden Welt zu kämpfen hat. Pierre lebt allein, kämpft gegen seine Vergangenheit und die Welt, die er nicht verstehen kann - oder nie verstanden hat. Pierre ist Autor, doch worüber er schreibt, erfährt man nicht. Seine Texte, von denen man nur Fragmente zu hören bekommt, könnten von seinem eigenen Leben erzählen. Der bezahlte Sex mit jungen Männern wirkt da beinahe noch trostloser: Es ist die Wiederkehr des ewig Gleichen, die diesen Mann langsam, aber sicher zugrunde richtet, und der einzige Halt, den er findet, ist buchstäblich jener an der Zigarettenkippe. Pierre hat der Welt nichts entgegenzusetzen. Er solle doch etwas von seiner Kindheit und Jugend erzählen, meint der Psychiater einmal zu Pierre, denn darüber habe er noch nie gesprochen. Daran könne er sich nicht erinnern, entgegnet dieser, nur die tristen Momente seien ihm im Gedächtnis geblieben. Der Titel des Films ist durchaus in doppeltem Sinn zu verstehen: Pierre möchte sich nicht an das erinnern, was ihn zu dem Menschen gemacht hat, der er jetzt ist. Gleichzeitig jedoch weiß er genau, dass am Ende einzig die Erinnerung bleibt. Jacques Nolot, hierzulande in erster Linie als Schauspieler aus den Filmen von André Téchiné bekannt, entwirft mit Avant que j'oublie eine kühle, ja mitunter eisig-kalte Bestandsaufnahme des Lebens eines Mannes, und bringt damit eine Trilogie, in der er jeweils auch die Hauptrolle übernahm, zum Abschluss: In L'Arrière-pays kehrte er in sein Heimatdorf ans Sterbebett der Mutter zurück und wird von der Vergangenheit eingeholt, in La Chatte à deux têtes gab er den 50-jährigen homosexuellen Stammkunden eines Pariser Pornokinos. Nolot begleitet seinen Protagonisten und sich selbst durchs Leben, und auch wenn Avant que j'oublie an einem Friedhof beginnt und in der Nacht endet: Es geht immer weiter.
(Text: Viennale 2007)
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Details
- Regie
- Jacques Nolot
- Kamera
- Josée Deshaies
- Author
- Jacques Nolot
- Musik
- Gustave Mahler