AUF NÄCHTLICHER JAGD NACH BLUTIGEN BILDERN

Nightcrawler" eilt der Ruf des genialen Neo-Noir-Thrillers und der knallharten Medien-Satire voraus. Ein abgemagerter Jake Gyllenhaal spielt darin Lou Bloom, einen manischen Videofilmer auf der Suche nach möglichst drastischen Bildern für die TV-News. Als eine Art Reporter des Teufels, wie einst vor ihm Kirk Douglas, streift er manisch durch ein nachtschwarzes Los Angeles und filmt am liebsten Unfalltote und Verletzte.

Sollte eine Leiche nicht fotogen genug im Bild liegen, schiebt Bloom sie seelenruhig zurecht. "When it bleeds, it leads", belehrt ihn die Chefin eines drittklassigen TV-Senders – unverwüstlich schön: Rene Russo. Salopp übersetzt: Je blutiger, desto besser (für die Schlagzeile).

Die simple Botschaft kommt bei Lou sofort an. Er engagiert einen obdachlosen Burschen mit guten Straßenkenntnissen. Gemeinsam hören sie den Polizeifunk ab, rasen durch David-Lynch-Land und filmen urbanes Verbrechen.

Jake Gyllenhaal spielt seinen kalten Engel mit bleichen Wangen und sardonischem Grinser. Mitleidslos leuchten seine Augen wie fahle Mondscheiben von der Leinwand. Ein moderner Vampir, der sich in grimmiger Horror-Satire an der Blutrunst der Mediengesellschaft labt. Allerdings pusht Gyllenhaal seine Performance – von vielen als die beste seines Lebens gefeiert – hart an die Grenze des Cartoons. Wenn er mit weit aufgerissenen Augen seine neuen Arbeitgeber anstrahlt, liegt der Vergleich mit "American Psycho" nicht fern.

Erstlingsregisseur Dan Gilroy (Drehbuchautor von "The Bourne Legacy") beschwört mit seinen charismatisch-schönen Bildern die Verbrechen der Nacht mit der Ehrfurcht eines Hohepriesters. Doch die Drohbotschaft seiner Medienkritik bleibt apokalyptisch leer.