Filmkritiken

"Wind River": Auf Mörderjagd im Reservat

Bloßfüßig durch den Schnee zu laufen, ist bei -30° keine gute Idee. Auch die Lunge hält bei solchen extremen Temperaturen die Anstrengung nicht lange durch, sondern explodiert regelrecht. Auf diese Weise ist das Mädchen gestorben, dessen Leiche der Fährtenleser Cory Lambert (Jeremy Renner) in der weißen Wildnis der Wind River Indian Reservation findet. Der Mann erkennt die Tote sofort: es war die beste Freundin seiner Tochter, die drei Jahre zuvor unter ähnlichen Umständen gestorben ist.

Ermittlungen als Härtetest

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Nach der gerichtsmedizinischen Untersuchung ist klar: die junge Stammesangehörige wurde vergewaltigt. Wer hat ihr das angetan und sie danach in den sicheren Tod gehetzt? Um das herauszufinden, wird eine junge unerfahrene FBI-Beamtin (Elizabeth Olsen) nach Wyoming geschickt. Die Aufgabe scheint sie heillos zu überfordern und bei ihrem Eintreffen ist die Agentin so unpassend gekleidet, dass sie die Fahrt zum Leichenfundort auf dem Motorschlitten nicht überleben würde. Doch in der Frau steckt mehr, als man zunächst vermutet und sie erhält bald Gelegenheit, ihre große Willenskraft zu demonstrieren, denn in diesem unwirklichen Landstrich schaffen es nur die Härtesten. Gemeinsam mit Lambert nimmt sie die Spur auf und da sein Beruf darin besteht, Raubtiere zur Strecke zu bringen, könnte sie keinen besseren Helfer finden.

Ende einer Trilogie

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Drehbuchautor Taylor Sheridan beendet mit diesem Werk seine durch „Sicario“ und „Hell or High Water“ eröffnete Frontier-Trilogie. Diesmal lag ihm der Stoff, den er durch Gespräche mit Freunden aus den Reservaten entwickelt hat, so sehr am Herzen, dass er erstmals auch selber Regie führen wollte. Das war eindeutig die richtige Entscheidung, denn sein Debüt ist tatsächlich eindrucksvoll geworden – vor allem, weil er dabei auf die Unterstützung des großartigen Kameramannes Ben Richardson („Beasts of the Southern Wild“) zählen konnte, was bei einem Film, der in erster Linie von Landschaftsbildern lebt, unverzichtbar ist. An Originalschauplätzen gedreht, hätte das Werk durchaus den Titel „Beasts of the Northern Wild“ tragen können. Die Handlung wird mit unerbittlicher Konsequenz vorangetrieben und eine geschickt platzierte Rückblende gewährt uns im entscheidenden Moment alle nötigen Erklärungen.

Abgeschobene Ureinwohner

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Vordergründig ein Krimi, prangert der Film eigentlich den beschämenden Umgang der USA mit ihren Ureinwohnern an. „Wind River“ macht deutlich, unter welchen Bedingungen die Stammesangehörigen leben müssen und wie sehr sie von der Regierung in Stich gelassen werden. Man wertet sie als Menschen der zweiten Garnitur, hat sie in eine lebensfeindliche Gegend abgeschoben, stellt ihnen viel zu wenig Hilfskräfte zur Verfügung, bietet ihnen keine Zukunftsperspektiven und treibt sie in den Alkoholismus oder in die Drogensucht. Dass in einer solchen Umgebung die Leute verrohen und nur noch die niederen Instinkte regieren, ist kein Wunder; und es wird gleichfall nachvollziehbar, wieso man das Vertrauen ins Gesetz verloren hat und lieber auf Selbstjustiz setzt.

Als besondere Ironie kann man den Umstand werten, dass ein Film, in dem es um ein Vergewaltigungsopfer geht, von The Weinstein Company produziert wurde.

9 von 10 blutigen Spuren im Schnee

franco schedl