Westworld, Staffel 2, Episode 4: Das Problem mit der Unsterblichkeit
Von Erwin Schotzger
William alias der Fremde in Schwarz sowie Bernard stehen im Mittelpunkt der Episode "Das Rätsel der Sphinx", während Dolores und Maeve diesmal gar nicht auftauchen. Wir folgen dem Fremden in Schwarz weiter auf seinem ziemlich spannungsbefreiten Weg in Richtung Glory und müssen die durcheinander geratenen Gedächtnisfragmente von Bernard ordnen. Für Puzzle-Spieler und Rätsel-Aficionados mag das alles einen gewissen Reiz haben. Aber der wohl deutlich größere Teil des Publikums, der vor allem spannende TV-Unterhaltung will, wird bei "Westworld" stellenweise auf eine harte Geduldsprobe gestellt.
FREEZE ALL MOTOR FUNCTIONS! Wer die Westworld-Episode "Das Rätsel der Sphinx" noch nicht gesehen hat und nichts darüber erfahren will, sollte hier nicht weiterlesen. SPOILER-ALARM.
Auf dem Weg zur Unsterblichkeit gescheitert
Diese Episode bietet zumindest eine Antwort auf eine der wichtigsten Fragen von "Westworld": Was ist das eigentliche Ziel des Westworld-Besitzers Delos Inc.? Und tatsächlich waren es nicht die Unterhaltungsparks, sondern das naheliegende Streben nach einem unsterblichen Körper. Bereits in der zweiten Episode wirkte Williams Schwiegervater James Delos (Peter Mullan) gesundheitlich angeschlagen. Nun stellt sich heraus, dass er die erste Versuchsperson war, um ein menschliches Bewusstsein in einen Host-Körper zu transferieren.
Wir sehen James Delos, den Gründer von Delos Inc., mehrmals beim immer gleichen Tagesritual, das durch einen Besuch von William unterbrochen wird. Am Ende lässt William seinen Schwiegervater aber immer zurück, weil Fehlfunktionen auftreten. Das menschliche Bewusstsein scheint mit dem Host-Körper nicht kompatibel zu sein. Mit jedem Besuch altert William – bis schließlich der Fremde in Schwarz zu Besuch kommt. Bei diesem letzten Besuch teilt William seinem Schwiegervater die traurige Situation mit: Alle seine Lieben sind tot – seine Frau, sein Sohn Logan und sogar seine Tochter, die Frau von William. Sie hat sich selbst getötet. William ist nun überzeugt, dass Menschen nicht für die Unsterblichkeit bestimmt sind, vor allem nicht solche Menschen wie James Delos. Er lässt seinen Schwiegervater als fehlerhaften Host zurück.
Delos ist also am Versuch gescheitert, unsterbliche Körper für das menschliche Bewusstsein herzustellen. Aber was führt Delos dann im Schilde? Warum werden die Erfahrungen der Gäste aufgezeichnet und DNA-Proben genommen? Und wie will William seinen größten Fehler wieder rückgängig machen? Was ist sein größter Fehler eigentlich genau?
Bernards Erinnerungsfragmente
Antworten auf einige dieser Fragen könnte der Handlungsstrang rund um Bernard mit sich bringen. Bernard wird von Clementine zu einer Höhle gebracht. Dort findet er die von ihm unter dem Einfluss von Robert Ford gefangene Westworld-Technikerin Elsie Hughes (Shannon Woodward). Nachdem er sie befreit und ihr Vertrauen wiedergewinnt, entdecken sie in der Höhle ein geheimes Labor. Die Einrichtung ähnelt dem Labor aus der ersten Episode. Auch hier befinden sich gesichtslose Drohnen-Hosts. Allerdings sind alle Mitarbeiter und auch die Drohnen tot.
In der Einrichtung befindet sich auch der Ort, an dem sich James Delos befindet – oder das was von ihm übrig ist. Es ist unklar, wie viel Zeit zwischen dem letzten Besuch von William vergangen ist. Jedenfalls vernichtet Elsie diesmal den fehlerhaften Host.
Elsie repariert Bernard, aber seine Erinnerungen sind vollkommen durcheinander. Darum kann er nur schwer zwischen Vergangenheit und Gegenwart unterscheiden. Und ganz offensichtlich war Bernard schon einmal hier. Offenbar unter dem Einfluss von Ford. Nachdem er eine "rote Kugel" produziert hat (vermutlich ein künstliches Bewusstsein), gibt er den Drohnen den Befehl, alle menschlichen Mitarbeiter in der Einrichtung zu töten. Doch welches Bewusstsein hat Bernard hier (für Ford) generiert? Fords eigenes Bewusstsein, das er in das Spiel mit William integriert hat? Oder gar das Bewusstsein von Arnold, der die Vorlage von Bernard war?
Das Spiel von Ford
Das mysteriöse Spiel von Ford mit William geht indessen weiter. Doch so rätselhaft der Sinn des Spiels auch sein mag, so langweilig gestaltet sich Williams "Weg nach Glory". Abgesehen von Maeve sind alle Handlungsstränge rund um die Hosts – ob Dolores, Ghost Nation oder Major Craddock – bisher ziemlich langweilig. Der bereits von Dolores einmal getötete und reanimierte Major nimmt William und den Host Lawrence in Las Mudas gefangen und droht Frau und Kind von Lawrence umzubringen. William erinnert sich an den Selbstmord seiner Frau und hilft Lawrence. Das soll wohl eine Art Läuterung darstellen. Doch es kommt einfach keine Spannung dabei auf. Der gesamte Handlungsstrang rund um Fords Spiel und die Suche nach Glory plätschert vor sich hin.
Lediglich der Cliffhanger bringt wieder ein wenig Spannung im Sinne eines Aha-Effekts: Als William weiter in Richtung Sonnenuntergang reitet – auf dem Weg nach Glory – kommt ihm die unbekannte Frau aus dem indischen Park entgegen. Sie ist Williams Tochter Emily (Katja Herbers).
Erwin Schotzger