"Was uns bindet": Die bittersten Geschichten schreibt das Leben
Nachdem ihr Vater ihr und ihrer Schwester das alte Bauernhaus in Salzburg vererbt, kehrt Ivette Löcker zurück in ihr Heimatdorf, um einen Film über ihre Eltern zu drehen. Gleich zu Beginn erfahren wir auch, worum es gehen soll: Das Ehepaar wohnt zwar im selben Haus, aber geht sich wenn möglich aus dem Weg. Der Keller gehört ihm und der Garten ihr, man hat sich eben so arrangiert. Seit achtzehn Jahren geht das nun schon so, scheiden lassen wollen sie sich nicht.
Wahrhaftig
Löcker gibt uns einen intimen Einblick in ihr Familienleben und erreicht dabei einen Grad an Authentizität, der im gängigen Kino selten zu finden ist. Keine Schauspieler der Welt könnten das Auseinanderleben zweier Menschen so berührend darstellen und kein Drehbuchautor solche Nuancen in den Dialogen kreieren, wie es Löckers Eltern tun. Als Tochter dieser unglücklichen Ehe ist Löcker die einzige Regisseurin, die diesen Film machen konnte. Mit kritischer Empathie sucht sie nach den Gemeinsamkeiten ihrer Eltern und scheut dabei keine unangenehmen Fragen. Ohne falsches Pathos blickt sie auf die einsame Zweisamkeit zweier beeindruckender Persönlichkeiten.
Berührend
„Was uns bindet“ schafft es, Alltagssituationen in einem Kontext zu betrachten, in dem Hass und Liebe sehr nah beieinander liegen. Trotz des großen Unglücks zwischen Mann und Frau wird ständig gelacht, anders ist das Leben nun mal nicht auszuhalten. So lustig die einzelnen Szenen auch sind, so tragisch ist ihr Nachgeschmack. Löcker schafft es sowohl die alltäglichen Bösartigkeiten, als auch Liebesbeweise in ihrem höchst persönlichen Familienportrait festzuhalten und liefert dabei einen der berührendsten österreichischen Filme des Jahres.
Die Doku wurde von Mischief Films produziert und erhielt den diesjährigen Großen Preis der Diagonale als bester Dokumentarfilm. Ein großer Film, den wir nur wärmstens empfehlen können!
9 von 10 gebrochenen Herzen