Filmkritiken

"Walk With Me": Einladung zur Achtsamkeit

Drei Jahre hindurch haben die beiden Dokumentarfilmer Marc J. Francis und Max Pugh den buddhistischen Klosteralltag begleitet und verschaffen uns Einblicke in eine Welt, die einen radikalen Bruch zu unserem gewohnten mitteleuropäischen Leben bedeutet. Die Neuaufgenommenen müssen sich von weltlichen Besitztümern wie Geld oder Handys verabschieden und verlieren bei der Aufnahmezeremonie obendrein ihre Haare, haben dafür aber die Aussicht, Seelenfrieden und ein paar andere wichtige Erkenntnisse zu gewinnen.

Langsam + lustig

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Die Schüler wirken manchmal so abgeklärt, als wären sie gar nicht mehr von dieser Welt. Wenn sie zum Beispiel einen Spaziergang unternehmen, gehen sie in der Gruppe so langsam, dass man zunächst glaubt, es handele sich um Zeitlupe. Doch Besinnlichkeit in Form einer Lauf-Meditation benötigt eben ihr entsprechendes Tempo. Dennoch lässt der Film durchaus Raum für witzige Momente: da steht etwa während einer Meditation gleich hinter dem Meister ein junger Mann, dem diese Übung ein paarmal herzhaftes Gähnen abverlangt. Thich Nhat Hanh wird außerdem mit Meister Yoda aus "Star Wars" verglichen und tatsächlich bekommen wir dann in einem der Zimmer eine Puppe dieses kleinen Außerirdischen zu Gesicht. Auch kontroverse Töne sind erlaub: ein Mönch und eine Nonne, die Hanh mit Essen versorgen, geben offen zu, dass die dauernde Nähe zu dem Lehrer mitunter Langeweile erzeugt und das Bedürfnis nach Abwechslung und Freiraum weckt.

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Übrigens leben die Klosterinsassen keineswegs weltabgewandt und der Meister versteckt sich nicht in seinem französischen Refugium, sondern unternimmt in Begleitung der Schüler ausgedehnte Reisen bis nach Amerika. Bei diesem Anlass legen die Regisseure besonderen Wert darauf, uns zu zeigen, wie Mönche nach jahrelanger Abwesenheit wieder in Kontakt zu ihren Verwandten treten.

Cumberbatchs Stimme

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Im Grunde versteht sich der ganze Film als Einladung zur Achtsamkeit und möchte die Zuschauer mitten ins Herz des gegenwärtigen Augenblicks versetzt. Daher gibt es als Ergänzung zum Klosteralltag immer wieder besinnliche Naturbilder - seien es Bäume, Gräser, Wolkenformationen oder Wassertropfen, die sich an einem Ast bilden. Dazu liest Benedict Cumberbatch spirituelle Texte aus Hanhs alten Tagebüchern. Dass sich ausgerechnet dieser Schauspieler als Erzähler betätigt, ist vermutlich seiner Rolle als "Doctor Strange" geschuldet, in der er kürzlich mit fernöstlichem Gedankengut (und einer kahlrasierten Tilda Swinton) Bekanntschaft geschlossen hat. Seine sonore Stimme reicht wohl bereits hin, um einige ZuhörerInnen in Trance zu versetzen.

7 von 10 zentralen Kontemplationspunkten

franco schedl