Vom Ende einer Geschichte: Verworrene Vergangenheitsbewältigung
Von Oezguer Anil
Eines Tages erhält der 70 jährige Tony( Jim Broadbent) einen Brief bezüglich des Nachlasses seiner Jugendliebe Veronica ( Charlotte Rampling). Ihre Mutter Sarah (Emily Mortimer) hinterlässt ihm das Tagebuch von Veronicas verstorbenem Ehemann und Tonys ehemaligem Schulfreund Adrian. Sein Versuch, sich mit Veronica in Kontakt zu setzen, scheitert. Sie will nichts mehr mit ihm zu tun haben und verwehrt ihm den Zugang zum Tagebuch. Währenddessen lässt Tony mit seiner Ex-Frau Margaret seine Vergangenheit Revue passieren. Die beiden näheren sich einander wieder an und lernen sich von einer noch nie dagewesenen Seite kennen. Ihre gemeinsame Tochter steht kurz vor der Entbindung, weshalb die ehemals zerstrittene Familie freudig der Zukunft entgegenblickt.
Zu viel des Guten
„Vom Ende einer Geschichte“ basiert auf dem 2011 erschienenen gleichnamigen Roman von Julian Barnes. Leider gliedert sich das Drama in eine Reihe von zahlreichen schlechten Romanverfilmungen ein. Die Themen und Konflikte der Vorlage sind zu zahlreich, um sie alle in einen Film zu packen, es wäre vermutlich klüger gewesen, auf einige Figuren zu verzichten, um bei den wichtigeren Charakteren in die Tiefe zu gehen. Die erste Hälfte der Erzählung lässt den Zuseher völlig im Dunklen tappen. Die Handlungsstränge wirken beliebig und die Konflikte sind nicht spannend genug, um das ernsthafte Interesse des Publikums zu wecken. Blicke auf die Uhr werden hier leider Teil des Filmvergnügens.
Verwirrung
Im zweiten Teil verdichtet sich die Geschichte und Tony wird vor große Probleme gestellt. Seine Vergangenheit holt ihn wieder ein, weshalb er seinen bisherigen Lebensweg hinterfragt und dabei auf dunkle Geheimnisse stößt. Leider reichen die unterhaltsamen Passagen im letzten Drittel nicht aus, um die Qualen der ersten Stunde zu vergessen. Das verwirrende Ende lässt zu viele Fragen offen und führt zu ratlosen Gesichtern bei den Zusehern. Man spürt, dass „Vom Ende einer Geschichte“ auf einer interessanten Romanvorlage basiert, aber vermisst bei der filmischen Umsetzung die Verdichtung auf das Wesentliche.
Große Namen, kleines Spektrum
Jim Broadbent verlässt sich zu oft auf seinen Humor und verspielt dabei verschiedene Facetten die man gerne bei „Tony“ gesehen hätte. Seine Figur erinnert viel mehr an einen Tollpatsch als an einen reifer Mann, der sich mit einem tragischen Schicksal auseinandersetzen muss. Der Kurzauftritt von Charlotte Rampling ist gelungen, aber auch nicht ausreichend, um das Drama aus dem Tal der Langeweile zu befreien.
2 von 5 versiegelten Briefen
Özgür Anil