Filmkritiken

"Manchester by the Sea": Figuren von unergründlicher Tiefe

Lee Chandler arbeitet als Handwerker in Boston: er wirkt schmerzerfüllt und introvertiert, in seiner Freizeit fängt er gerne betrunkene Auseinandersetzungen in Bars an. Als er eines Tages von dem plötzlichen, jedoch vorhersehbaren Tod seines herzkranken Bruders Joe erfährt, zieht es ihn in seine alte Heimat Manchester-by-the-Sea zurück. Dort regelt er den Nachlass und kümmert sich um Joes Sohn Patrick, dessen offizieller Vormund er nun ist.

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Kenneth Lonergan verwebt die gegenwärtige Handlung mit Retrospektiven aus Lees Leben und den Menschen, die ihn in seiner alten Heimat umgeben. Dabei ist nicht immer klar, ob es sich um Erinnerungen der Hauptfigur handelt oder ob jene Rückblenden lediglich eine erzählerische Funktion haben. Was allerdings auf der Hand liegt ist, dass Lee einst glücklicher war als heute und dass die im Zentrum stehende Beziehung von Lee und Patrick nicht das einzige Thema des Films ist.

Würdevolle Tragik

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Lonergan, dem die ursprüngliche Idee zu dem Drehbuch von Matt Damon übergeben wurde, hat es mit einem unglaublichen filmischen Gespür geschafft, einen Spannungsbogen zu erzeugen, der seinesgleichen sucht. Die Figuren sind so unergründlich tief und interessant, dass man sie noch weit über die 135 Filmminuten hinaus betrachten möchte. Aber vor allem möchte man eines: verstehen, was Lee Chandler zu dem macht, der er ist. Der Regisseur ist der tragischen Handlung zum Trotz sehr würdevoll mit seinen Figuren umgegangen, sodass man als Zuseher kein einziges Mal das Gefühl bekommt, emotional ausgebeutet zu werden. Viele Feinheiten werden so subtil eingebaut, dass man sie vermutlich gar nicht richtig wahrnimmt, spüren tut man sie aber allemal.

Es ist ein sehr ehrlicher Film entstanden, der nicht nur erzählerisch, sondern auch schauspielerisch garantiert zu den besten Filmen des Jahres gerechnet werden muss.

Katrin P. Fröstl

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