Filmkritiken

TRASHIGES AALERLEI AUS DEM DUNKELSTEN ÖSTERREICH

Man soll ja immer brav „Danke“ sagen, und Harald Sicheritz hat sich an diese alte Höflichkeitsregel gehalten – ganz zuletzt wird es im Abspann seines neuen Werkes sogar noch richtig esoterisch: „Dank an die Mächte des Lichtes und der Finsternis“. Wer den Ehrgeiz hatte, Kurt Palms wilden Erstlingsroman zu verfilmen, kann solchen Rückhalt auch dringend brauchen, denn in dieser zutiefst österreichischen Groteske, die 2011 den renommierten Friedrich-Glauser-Preis erhielt, werden kongenial Krimispannung, Gesellschaftskritik, Komödiantisches und Endzeitstimmung miteinander verquickt.

Sicheritz hat beim Verfassen des Drehbuchs ein paar kluge Entscheidungen getroffen und z.B. einige Nebenfiguren und einen Handlungsstrang in Wien weggelassen. Vor allem hat er jedoch eine Vorgeschichte hinzuerfunden, die uns Bad Fucking noch in besseren Zeiten präsentiert: damals wollte der Touristenstrom ins Hinterwäldlerkaff mit dem aufreizenden Namen gar nicht abreißen, und das Souvenirgeschäft mit formvollendet erigierten Gartenzwergen boomte. Doch dann hat ein Felssturz den Fremdenverkehr unter sich begraben.

Während wir im Buch mit Dutzenden von Protagonisten konfrontiert werden, ohne dass sich jemand von ihnen mitteilungstechnisch besonders hervortun würde, tritt bei Sicheritz eine echte Bad Fuckingerin namens Vroni (die großartige Martina Ebm) als Erzählerin auf. Sie möchte unbedingt die Enge der Provinz hinter sich lassen und schreckt dafür auch vor doppelter Erpressung nicht zurück. Trotzdem ist sie noch eine der sympathischsten Figuren in diesem Panoptikum des alpenländischen Grauens.

Wolfgang Böck hingegen hat als Ungustl von Bürgermeister nicht einmal ansatzweise das Zeug zum Sympathieträger, und auch Michael Ostrowksi präsentiert sich diesmal als ungewöhnlich düsterer Charakter, obwohl er versucht, seine übliche Schlawinerart beizubehalten. Adele Neuhauser überrascht in einer Doppelrolle, bei der ihr in der zweiten Filmhälfte notgedrungen die Worte fehlen, und Thomas Mraz (der fiese Neffe aus „Die unabsichtliche Entführung der Frau Elfriede Ott“) spielt hingebungsvoll den unbeholfenen und tragischen Dodel vom (Hotel)Dienst.

Damit nicht genug, bekommen wir noch etliche andere bekannte Gesichter zu sehen, denn bei einem derartigen Ensemble-Filmprojekt stehen die Stars natürlich Schlange, selbst wenn sie nur für ein paar Sekunden gebraucht werden. Momentweise treten z.B. auf: Robert Palfrader, Alfred Dorfer, Maria Köstlinger (als Wetter-Chefin in einer eher verzichtbaren Nebenhandlung) oder Kurt Palm persönlich, der in die Rolle eines Bad Fucking-Touristen geschlüpft ist.

Auch das Ende erfolgt nun etwas weniger abrupt: während uns Palm mit etlichen offenen Fragen sozusagen im Weltuntergang stehen lässt, hat Sicheritz noch an den Tag danach gedacht und publikumsfreundlich einige lose Enden aneinandergeknüpft.

Obendrein macht die böse Satire auch noch Lust auf Aalsuppe oder zumindest Räucheraal, weshalb ich mich jetzt mit 9 von 10 Aalwindungen als Bestwertung ins nächste Fischlokal schlängle.

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