Filmkritiken

"Träum was Schönes": Ein Leben ohne Mama

Eine Mutter beugt sich über ihr schlafendes Kind und flüstert ihm „Träum was Schönes“ zu. Das sind ihre letzten Worte, denn ein paar Stunden später wird der kleine Massimo durch ein lautes Geräusch aus dem Schlaf geschreckt - sein Vater hat aufgeschrien und etwas ist zerbrochen. Plötzlich wimmelt es in der Wohnung vor Menschen, aber der Junge ist nicht in der Lage, die Situation zu verstehen. Erst 30 Jahre später wird er endlich erfahren, was damals in jener Nacht tatsächlich passiert ist.

Leben mit dem Verlust

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Zunächst heißt es, seine Mutter ist im Spital, doch dann erklärt ihm ein Priester, die Mama sei bereits im Paradies. Massimos Reaktionen auf diese verstörenden Vorfälle sind Unglaube, Wut, Verzweiflung, Trauer und in seiner Phantasie lässt er die maskierte Serienfigur „Belphégor, das Phantom aus dem Louvre“, von der seine Mutter begeistert war, Gestalt annehmen – dieser imaginäre Freund hilft ihm über das Schwerste hinweg. Dennoch hinterlässt der Tod der Mutter deutliche Spuren in seinem späteren Leben und verleiht ihm einen düsteren Grundton: der Erwachsene (Valerio Mastandrea) ist abgehärmt und wirkt ständig unglücklich. Nichts scheint ihn wirklich zu begeistern und er ist auch nicht bereit, echte Bindungen zu Frauen einzugehen. Zunächst arbeitet er als Sportreporter, berichtet dann vom Balkankrieg und kehrt schließlich in die Heimatstadt Turin zurück, wo sein Vater eine viel Jüngere heiraten will. Eine Panikattacke, ausgelöst durch ein an sich wertloses Erbstück aus dem Besitz seiner Mutter, verschafft ihm die Bekanntschaft einer Ärztin ( Bérénice Bejo aus "The Artist"), die sein Leben zum Besseren verändern wird.

Variationen auf ein Thema

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Der Film bietet keine lineare Erzählung, sondern springt zwischen den 1990er und den frühen 70er Jahren hin und her. Im Zentrum stehen dabei ein Thema und seine Variationen: Massimo wird mit diversen Mutterbildern konfrontiert und immer wieder an die Leerstelle in seinem Leben erinnert. Sei es, dass er bei einem reichen Schulfreund mitansehen muss, was Mutterliebe bedeutet, sei es, dass im Kriegsgebiet eine erschossene Mutter vor der Haustür liegt, während ein kleiner Sohn im Nebenzimmer Nintendo spielt, oder sei es, dass eine Leserbriefschreiberin, die sich über ihre verhasste Mutter äußert, den Journalisten zu einer emotionalen Antwort veranlasst.

Feinfühlige Inszenierung

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Wie aus dieser kurzen Zusammenfassung zweifellos hervorgeht, haben wir es hier mit einer sehr anrührenden Geschichte (nach dem Bestseller des italienischen Autors Massimo Gramellini) zu tun, die ganz leicht ins Kitschige abrutschen könnte. Der erfahrene RegisseurMarco Bellocchio(Jahrgang 1939) weiß das durch seine behutsame, feinfühlige, intelligente, aber manchmal etwas langsame Inszenierung zu verhindern und beweist somit, dass die Mama nicht nur für Italiener das Wichtigste im Leben ist.

7 von 10 Mutter-Kind-Beziehungspunkten

franco schedl