Filmkritiken

"Tiger Girl": Auffallen um jeden Preis

Nachdem die schüchterne Vanilla (Maria Dragus) die Polizeiaufnahmeprüfung nicht schafft, verleitet sie ihr Sinn für Gerechtigkeit dazu, eine Ausbildung in einer Sicherheitsfirma anzufangen. Sie lernt brav und lässt sich nichts zu Schulden kommen, bis sie die taffe Tiger (Ella Rumpf) trifft. Tiger ist das komplette Gegenteil von Vanilla und setzt ihren Willen durch, wenn es sein muss auch mit dem Baseballschläger. Die beiden jungen Frauen ziehen durch die Straßen und tyrannisieren ihre Stadt.

Skelettbuch

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Tiger Girl“ entstand, wie Lass’ vorheriger Film, ohne fertiges Drehbuch, alle Dialoge sind improvisiert und bis auf die zwei Hauptdarstellerinnen besteht die Besetzung nur aus Laien. Im Kontrast dazu stehen eine hochstilisierte Kamera- und Schnittarbeit, die immer wieder die Narration unterbrechen, um ein Musikvideo in den Film einzuschieben. Das Skelettbuch, wie es die FOGMA nennen, ist leider zu banal und vorhersehbar, der Film lebt von spontanen Aktionen der Schauspielerinnen, die aber nicht ausreichen, um 90 Minuten zu füllen, deshalb braucht es diese Musikvideos. Das Problem von „Tiger Girl“ liegt aber größtenteils im letzten Drittel, in dem vergeblich versucht wird, einen großen moralischen Konflikt zwischen den Figuren aufzubauen, der aber deplatziert und erzwungen wirkt.

Erzwungene Authentizität

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Der Wunsch der Filmemacher radikal zu sein schwappt leider auch auf die Schauspieler über und manifestiert sich in ihrer Darstellung. Sowohl Ella Rumpf als auch Maria Dragus sind äußerst talentiert, aber verlieren sich immer wieder in ihrem Kleinkrieg um die nächste Pointe und bleiben deshalb immer nur auf der Oberfläche ihrer Figuren, weshalb vor allem Dragus nicht an ihre großartigen Leistungen in „Das weiße Band“ und „Bacalaureat“ anknüpfen kann. Einer der größten Irrtümer von FOGMA ist der Aberglaube, dass Improvisation realistischere Figuren erzeugt, da die Darstellerinnen ja keine Einschränkungen hätten und so reden könnten, als würden sie sich im Alltag unterhalten. Das Problem dabei ist, dass sie vor einer Kamera stehen und die Schauspielerinnen nicht den Mut haben, stille Momente miteinander zu teilen. Sie versuchen, jede Pause mit einem lässigen Spruch zu stopfen, weshalb der Großteil der Dialoge überflüssig ist. Schade.

Kultpotential oder systemkonform?

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Der Anspruch von FOGMA ist für das deutsche Kino dringend notwendig, nur leider schwächelt es bei der Umsetzung. Wie der Erfolg von „Victoria“ gezeigt hat, müssen sich sowohl die deutschen Förderstrukturen als auch die Drehbücher ändern, um international wieder relevante Filme zu produzieren. FOGMA ist ein Schritt in die richtige Richtung aber birgt die Gefahr, in den nächsten Jahren systemkonform und Teil des Establishments zu werden, das sie so sehr kritisieren. Lass und seinem Team ist zu wünschen, dass sie ihrer Vision treu bleiben und aus „Tiger Girl“ und „Love Steaks“ lernen, denn Potential für Kultfilme hätte die Bewegung.