Filmkritiken

"The Jungle Book": Ein Junge im Computer-Dschungel

Vor vier Jahren hat „Schiffbruch mit Tiger“ bewiesen, dass man einen ganzen Film mit einem computeranimierten Tiger an der Seite eines halbwüchsigen Jungen drehen kann, ohne auch nur eine Sekunde lang unglaubwürdig zu wirken oder Langeweile zu erzeugen. Warum sollte man also nicht noch viel mehr Tieren digitales Leben einhauchen und gleich einen ganzen Dschungel damit bevölkern? Die Abenteuer des Waisenjungen Mogli haben ja Disney bereits in den 60er Jahren einen animierten Welterfolg beschert. Was muss erst dabei herauskommen, wenn man diese Geschichte mit den ausgereiftesten Technologien neu erzählt?

Tatsächlich setzt die aktuelle Inszenierung von Rudyard Kiplings klassischer Romanvorlage in Sachen Tieranimation neue Maßstäbe und wird die junge Generation aus Anhieb begeistern; aber auch alle Älteren, die mit dem Zeichentrickfilm groß geworden sind, werden den Kinobesuch garantiert nicht bereuen. Filmemacher Jon Favreau blieb den Originalfiguren treu, bevorzugte zugleich aber eine wesentlich realistischere Herangehensweise (auch wenn das Wort „Realismus“ bei einer CGI-Machart zunächst wie ein Widerspruch klingt). Immerhin wird auch in dieser Version gesungen, allerdings längst nicht so häufig wie im Animationsfilm – zumindest Balu stimmt sein unverzichtbares Loblied auf die Gemütlichkeit an, und der äffische King Louie verleiht seinem Begehren nach Menschenähnlichkeit ebenfalls in einer Art Sprechgesang Ausdruck.

Der Regisseur ging sogar noch einen Schritt weiter und ließ nicht nur die Tiere, sondern auch den Dschungel komplett aus dem Computer entstehen. Somit musste der zwölfjährige Newcomer Neel Sethi als einziger Schauspieler aus Fleisch und Blut viel Vorstellungskraft aufbringen, um sich in diese virtuelle Welt einzufügen, was dem aufgeweckten Jungen auch bestens gelungen ist.

Auf jeden Fall sollte man der Originalfassung den Vorzug geben, weil man so die Stimmen von Bill Murray, Ben Kingsley, Christopher Walken und Scarlett Johansson zu hören bekommt. Aber selbst die deutsche Synchronfassung hält eine kleine Entschädigung für die verpassten Hörerlebnisse bereit: im Abspann werden die altbekannten Musiknummern in neuer Interpretation gespielt - so intoniert zum Beispiel Scarlett Johansson mit verführerischem Timbre den Kaa-Song „Trust in Me“.

8 von 10 hypnotischen Dschungeltönen.

franco schedl

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