Filmkritiken

TAMMI & LOUISE

Susan Sarandon unternimmt mit einer zweiten Frau an ihrer Seite eine Autotour quer durch Amerika und gerät dabei mit dem Gesetz in Konflikt. Gab‘s das nicht schon mal? Natürlich, allerding liegt dieser letzte Ausflug, der für die beiden weiblichen Desperados Thelma & Louise tödlich endete, schon etliche Jahre zurück; und da diesmal Sarandons Begleiterin Melissa McCarthy heißt, von der auch das Drehbuch stammt, kann man wohl davon ausgehen, dass hier alles wesentlich undramatischer - aber dafür umso komischer - verlaufen wird.

McCarthy hat sich die Rolle gemeinsam mit Ben Falcone auf den voluminösen und erstaunlich gelenkigen Leib geschrieben. Die Zusammenarbeit mit dem frischgebackenen Regisseur, der hier auch eine kleine Rolle als Tammys fieser Chef absolviert, war offenbar für beide Seiten so zufriedenstellend, dass für 2016 bereits ein nächstes gemeinsames Projekt angekündigt wurde. Immerhin herrscht zwischen den beiden auch abseits der Kamera gutes Einverständnis, denn Falcone und McCarthy sind seit 2005 miteinander verheiratet.

Nachdem die titelgebende Tammy ihren Job in einer Fastfood-Küche verliert und auch noch ihren Ehemann mit einer Nachbarin beim gemeinsamen romantischen Dinner erwischt, will sie wieder einmal alles liegen und stehen lassen und einfach ins Blaue davonfahren. Da ihr eigener Wagen jedoch eine Kollision mit einem Hirsch nicht überlebt hat (das Tier war aber zum Glück noch springlebendig), kann Tammy den Roadtrip nur mit ihrer alkoholkranken Großmutter im Schlepptau starten, weil diese Geld und Wagen beisteuert und unbedingt einmal die Niagara-Fälle sehen möchte. Ein Ziel ist somit gefunden, doch der Weg dorthin erweist sich als ganz schön schwierig.

Als die Oma im Gefängnis landet und nur gegen höhere Kaution freizukaufen ist, gerät Tammy auf eine gefährliche Idee und stattet mit einer durchlöcherten Papiertüte überm Kopf der Filiale einer Fastfood-Kette einen nächtlichen Besuch ab. Beim Verwischen der Spuren dieser überhasteten Aktion tritt dann auch noch Kathy Bates als lebenskluge Nothelferin in Aktion. Zwar ist in ihrer noblen Villa eher pausenloses Feiern angesagt, doch an einem Wendepunkt der Handlung setzt sie dann zu einem moralisierenden Monolog an, um Tammy ins Gewissen zu reden und schwadroniert davon, wie viel schwere Arbeit es sie gekostet hat, ihren Wohlstand zu erwirtschaften bzw. als Lesbierin gesellschaftliche Anerkennung zu erringen. Zum Glück wird diese Szene wieder durch ein paar witzige Bemerkungen aufgelockert.

Trotzdem: solche moralischer Katzenjammer passt schlecht zu McCarthys eigentlich anarchischem Humor, und dass die wilde Geschichte dann bloß Anlass zu einem konventionellen Happy End gibt, ist ebenfalls ziemlich einfallslos und enttäuschend. Einige gelungene Szenen (wie z.B. ein reichlich bizarres Wikingerbegräbnis für einen Jet-Ski) und etliche großartige Darsteller (neben Kathy Bates auch noch Dan Aykroyd und Toni Collette) ergeben zwar immer wieder wunderbare Momente, aber leider noch keinen rundum stimmigen Film. Für uns ergeben sich dadurch zumindest 6 von 10 autofeindlichen Hirschkühen.

(franco schedl)
Alle Inhalte anzeigen