Filmkritiken

"Sully" auf Amazon Prime: Tom Hanks als weißhaariger Held

Fast scheint es, Clint Eastwood wolle uns das wichtigste Ereignis vorenthalten, denn als der Film beginnt, hat Flugkapitän "Sully" Sullenberger sein Bravourstück bereits geleistet und eine vollbesetzte Passagiermaschine nach Ausfall beider Triebwerke im Hudson River notgewassert. Wobei er dieses komplizierte Manöver am 15. Januar 2009 so perfekt hinbekam, dass alle 155 Fluggäste an Bord überlebten.

Doch der Regisseur hat sich die dramatischen Szenen bloß aufgehoben und inszeniert später den Beinahe-Absturz ausführlich und atemberaubend realistisch nach.

 

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Ein idealer Mann für Eastwood

In Sully fand Eastwood eine jener (realen) Figuren, die ihn seit jeher zu faszinieren scheinen: Ein amerikanischer Held, der für seine großen Taten nicht nur Dankbarkeit erntet, sondern auch angefeindet wird.

War es zuletzt ein "American Sniper", der mit seinem Präzisionsgewehr im Krisengebiet gewütet hat und - je nach Standpunkt - als Kriegsheld oder Kriegsverbrecher erscheinen musste, geht es diesmal um einen Fall, bei dem die Sachlage ziemlich eindeutig zu sein scheint: Sully hat eine echte Großtat vollbracht - ohne Wenn und Aber.

Ganz im Gegensatz zu Denzel Washingtons Piloten aus "Flight", der zwar auch ein echter Könner war, aber zugleich ein menschliches Wrack, weil er massive Alkoholprobleme hatte, scheint dieser Captain keine Schattenseiten zu haben und ein richtiger Sympathieträger zu sein.

 

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Kritik am Landemanöver

Dennoch findet das gewagte Landemanöver des flugsicheren Mannes auch Skeptiker. Während Sully von den New Yorkern als Held gefeiert wird (sobald ihn jemand erkennt, fallen ihm die Leute oft spontan um den Hals und sogar einen Drink haben sie in einer Bar nach ihm benannt), wird seine berufliche Kompetenz plötzlich in Frage gestellt.

Laut Computersimulationen der Flugsicherheitsbehörde wäre nämlich eine Rückkehr zum LaGuardia Airport noch möglich und die nasse Risiko-Landung vermeidbar gewesen. Sully befindet sich somit in Rechtfertigungs-Zwang und muss sich vor einem Ausschuss verantworten.

 

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Unter Stress

Ein weihhaariger und -bärtiger Tom Hanks spielt einen eloquenten und kompetenten Mann unter extremen Stressbedingungen: In der Notsituation ist er zwar bewundernswert ruhig geblieben, aber ein paar Stunden später setzen ihm die Nachwirkungen doch zu. Er wird nicht nur von Reportern belagert, sondern auch von Alpträumen und Zwangsvorstellungen geplagt, in denen das Landemanöver schrecklich misslingt und die Maschine inmitten Manhattans in ein Hochhaus kracht.

Gerade durch solche Szenen wird klar, dass „Sully“ eigentlich als glorioses Gegenstück zu den 9/11-Schrecken gelten kann. Das Zusammenspiel aller Beteiligten an Bord und am Boden (also von Besatzung und Rettungskräften) wird am Ende zudem besonders hervorgehoben.

Auch Hanks kann sich hier auf gutes Teamwork verlassen, denn sein Kollege Aaron Eckhart behält als schlagfertiger Co-Pilot sogar das letzte Wort und hat die Lacher auf seiner Seite.

4 von 5 wasserglatten Landebahnen.

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