Die 10 besten Fantasy-Filme auf Netflix
Von Manuel Simbürger
Nichts kann das Medium Film besser als das Erschaffen vollkommen neuer und gleichzeitig fremder Welten. Der Fantasie sind auf der Leinwand keine Grenzen gesetzt – ganz besonders nicht im Fantasy-Genre! Die phantasmagorische Palette an Geschichten und Epen ist dermaßen breit, dass als berühmtes kreatives Limit tatsächlich nur der Himmel selbst herhalten kann: Die Grenzen zu anderen Genres wie Sci-Fi, Abenteuer, Märchen sowie Horror sind fließend, gemeinsam ist allen Fantasy-Filmen aber eines: das bewusste Überschreiten der Grenzen des Alltäglichen, Normhaften, real Möglichen.
Alles, was nicht sein darf und kann, wird hier zur Realität, die nicht mal erklärt werden muss: Utopien, Dystopien oder märchenhafte Parallelwelten finden hier ihre panoramahafte Entfaltung. Die Phantasie wird zur Allegorie oder Metapher der inneren psychischen Welt der ProtagonistInnen, oftmals liegen die dramaturgischen Wurzeln aber auch in Sagen, Mythen, Fabeln und Märchen, in der Magie, dem Okkulten und dem Aberglauben. Kurz: Fantasy ist pure Kinomagie – und Eskapismus par excellence.
Die 10 besten Fantasy-Filme auf Netflix:
Der Hobbit (2012-2014)
Zugegeben: Die Filmtrilogie "Der Hobbit", die ebenfalls auf einem Werk von J.R.R. Tolkien basiert – nämlich auf "Der kleine Hobbit" –, hat bei weitem nicht so einen großen Buzz und positive Resonanz hervorgebracht wie die Vorgänger-Reihe "Der Herr der Ringe", quasi die Blaupause des modernen Fantasy-Films. Und auch wenn die Qualität tatsächlich nicht ganz gehalten werden kann, darf man sich erneut blindlings und ohne Bedenken in die atemberaubende und bildgewaltige Welt von Mittelerde stürzen.
Peter Jackson ist es im Rahmen seiner zweiten (Prequel-)Reise in die Tolkien-Welt einmal mehr gelungen, Larger-Than-Life-Schauwerte (Neuseeland diente auch bei "Der Hobbit" als Drehort!) mit emotionalen Momenten zu verbinden und somit einen Fantasy-Kracher zu kreieren, der ein randvolles Füllhorn an Kreativität, Leidenschaft, Opulenz, Special-Effects-Wundern, rasantem Tempo, unvergleichlich dichter Atmosphäre und grenzenloser Vorstellungskraft bietet. Bravourös: Martin Freeman in der Rolle des Hobbits Bilbo, der an der Seite von Ober-Zauberer Gandalf (episches Wiedersehen: Ian McKellen) um seine Welt kämpft.
Hier geht's direkt zu Teil eins! Auch Teil zwei und drei sind auf Netfix zu finden.
Chihiros Reise ins Zauberland (2001)
Das Anime-Meisterwerk gilt als einer der besten Filme aller Zeiten – und wer sich einmal auf diese fantastische Welt des Regisseurs Hayao Miyazaki eingelassen hat, kann nur bestätigend ganz wild mit dem Kopf nicken: Der mit Preisen zugeschüttete Streifen (unter anderem der Oscar für "Bester animierter Spielfilm"!) begeistert sowohl Jung und Alt und ist eine herzerwärmende Liebeserklärung an die Fantasie, an Freundschaft und vor allem an den Glauben an sich selbst. Verpackt in wundervollen und farbenprächtigen Bildern präsentiert Miyazaki einen Genre-Mix aus Coming-of-Age-Film, Fantasy und Abenteuer. Trotz oder gerade aufgrund der Märchen-Stimmung lässt "Chihiros Reise in Zauberland" einen das echte Leben spüren.
Und darum geht's: Das zehnjährige Mädchen Chihiro zieht mit seinen Eltern nach Tokio um – und landet prompt im Zauberland Aburaya. Als ihre gierigen Eltern sich in Schweine verwandeln, ist es an Chihiro, sie zu retten. Dafür muss sie sich aber der bösen Hexe Yubaba stellen...
Constantine (2005)
John Constantine ist ein Anti-Held aus dem Comic-Hause DC, der sich meist mit der zweiten oder gar dritten Reihe zufrieden geben muss. Im gleichnamigen Kinofilm verleiht ihm Action-Star Keanu Reeves ein passendes und markantes Gesicht, das sich auf der Leinwand in einer Welt wiederfindet, die zwar etwas weniger düster daherkommt als jene in den Comics, die es aber trotzdem in sich hat – vor allem was Geheimnisse, Doppeldeutigkeiten und Mystery betrifft.
Seiner Gabe, Halbblut-Engel und -Dämonen erkennen zu können, überdrüssig, nimmt sich Constantine das Leben, gelangt in die Hölle – und kehrt prompt wieder zurück. Nun fristet er als Detektiv in Los Angeles sein Dasein, der "ganz spezielle" Fälle aufklärt – unter anderem den angeblichen Selbstmord der Schwester von Angela Dodson (Rachel Weisz). Stets an der schmalen Grenze zwischen Himmel und Hölle balancierend, ist Constantine ein Held wider Willen, der nicht nur die Düsternis der Welt, sondern auch in seiner Seele bekämpft. Packender Mix aus Okkult-Fantasy und Thriller.
Mein Nachbar Totoro (1988)
Die Schwestern Satsuki und Mei ziehen mit ihrem Vater aufs Land, um näher bei ihrer kranken Mutter, die sich in einem Sanatorium befindet, sein zu können. Kaum im neuen Haus angekommen, schließen die beiden Mädchen Freundschaften der etwas anderen Art – nämlich mit Hausgeistern, die sofort zu Staub zerfallen, wenn man sie anfasst. Ihr wichtigster Begleiter und Seelentröster wird der gemütlich-dicke Waldgeist Totoro, der Satsuki und Mei seine fantastische und wunderbare Welt zeigt und ihre Sorgen zumindest ein bisschen vergessen lässt...
Gemeinsam mit den Mädchen tauchen wir in diesem japanischen Zeichentrik-Klassiker in zauberhaft-bunte und verträumte Bilder ein, die die Simplizität alter Tage herzerwärmend zelebriert (auch dank streng geradlinigem Storytelling) und uns daran erinnert, dass auch der schwierigste Alltag voller spannender Abenteuer steckt – wenn man nur bereit ist, sie zu entdecken. Feinfühlig verbindet der Film reale und fantastische Welten und lässt Erinnerungen an die eigene Kindheit erwachen. Eine zarte Ode an eine Zeit, als wir selbst noch mit Hausgeistern um die Wette liefen.
Shape of Water (2017)
Zu Beginn der 1960er-Jahre wütet der Kalte Krieg. In einem US-amerikanischen Geheimlabor arbeitet die gehörlose Reinigungskraft Elisa (Sally Hawkins). Sie lebt in Stille und Isolation. Doch eines Tages verliebt sie sich in eine im Labor gefangen gehaltene Kreatur (Doug Jones), die halb Mensch, halb Amphibie ist. Als die Kreatur getötet werden soll, ist für Elisa klar, was zu tun ist: Sie muss ihre Liebe retten...
"Shape of Water" von Meister-Regisseur Guillermo del Toro ist eine wunderschön inszenierte, märchenhafte Parabel für Toleranz, Anders-Sein und selbstbestimmte weibliche Sexualität, die Romantik mit einer Prise Grusel und lauten gesellschaftskritischen Zwischentönen verbindet. Worte finden zwischen den Liebenden nicht statt, denn wenn Gefühle groß genug sind, ist das Reduzierte bekanntlich ausreichend – obwohl das in diesem Fall nicht auf die Optik zutrifft: Die Kameraarbeit ist über jede Kritik erhaben, das Farbenspiel sensationell, die Bildgewalt unvergleichbar. Selten lagen Wunsch- und Albtraum so nahe beieinander. Mit vier Oscars ausgezeichnete Schauer-Romantik!
Jason und die Argonauten (1963)
Diese freie Interpretation der griechischen Sage rund um Jason und den Argonauten, die sich fieberhaft auf die Suche nach dem Goldenen Vlies begeben und dabei auf zahlreiche Monster treffen, gilt als bester Film von Stop-Motion-Legende Ray Harryhausen: Die Fights gegen die brutale Hydra, den fliegenden Harpyien oder den gigantischen Bronzetitanen überzeugen auch heute noch mit viel Liebe zum Detail und zur Akribie, was dem Film einen starken Sog verleiht, der einen sehr schnell gefangen nimmt.
Das gelungene Konglomerat aus Fantasy und Sandalen-Film macht von der ersten Sekunde an Spaß und ist zurecht ein zeitloser Fantasy-Klassiker mit genau der richtigen Prise Trash.
Charlie und die Schokoladenfabrik (2005)
Das Remake des gleichnamigen 1964er-Film-Hits mit Gene Wilder, der wiederum auf Roald Dahls Kinderbuch-Klassiker mit demselben Namen basiert, gehört zu Johnny Depps besten cineastischen Werken: Als ambivalenter, verrückter und schlagfertiger Schokoladenfabrik-Besitzer Willy Wonka lehrt er den Kleinen aber auch uns Großen das Fürchten, lädt uns aber gleichzeitig zum hemmungslosen Träumen ein – und zum ebensolchen Schlemmen.
Denn Wonkas Schokoladenfabrik ist ein modernes und kunterbuntes Schlaraffenland, in dem man schon mal in riesiges Obst verwandelt, in ein Abfall-Loch geworfen oder durch Raum und Zeit teleportiert wird. Ach ja, Schokoladenflüsse gibt es natürlich auch.
Gespickt mit frechen One-Linern, überbordendem visuellem Einfallsreichtum und ebenso großer Spiellaune von Alt- und Jungstars nimmt uns Regisseur Tim Burton mit in eine berauschende Märchenwelt, die sich als überraschend klar formuliertes Plädoyer für Kindlich-Sein herausstellt und wie kein anderer Familien-Film Mut zum Kontrollverlust zeigt.
Prinzessin Mononoke (1997)
Einmal Anime geht noch: In "Prinzessin Mononoke" steht der Konflikt zwischen Mensch und Natur im Fokus. Wir befinden uns im Japan des frühen Mittelalters und fiebern mit dem jungen Krieger Ashitaka mit, der mit einem tödlichen Fluch belegt wird. Er trifft auf die titelgebende Prinzessin, die bei Wölfen lebt. Ashikata unterstützt sie im Kampf gegen Lady Eboshi, die aufgrund von Habgier den Wald abholzen möchte, um noch mehr Geld zu scheffeln...
"Prinzessin Mononoke" ist ein weiterer Beweis dafür, dass Animes mit einer mindestens ebenso vielschichtigen, gesellschaftskritischen und düsteren Story aufwarten können wie Real-Filme und alles andere als bunter Kinderkram sind: Der ewige Krieg zwischen menschlichem Kapitalismus und friedfertiger Natur wird intensiv und teils furchterregend von Regisseur Hayao Miyazaki in Szene gesetzt, zudem greift der Film die Diskriminierung von Lepra-Erkrankten auf.
Die von Hand gezeichneten Animationen treffen ins emotionale Schwarze, auch der ergreifende Score geht ans Herz. Dank der Vermeidung eines Schwarz-Weiß-Dualismus umgeht Miyazaki zudem die Gefahr einer faden Trivialisierung.
Snow White & The Huntsman (2012)
Märchenstoffe in einer erwachsenen Version zu sehen macht immer Spaß. Bei "Snow White & The Huntsman", einer modernen Adaption von "Schneewittchen", sieht das so aus: Snow White tut sich mit dem Jäger, der sie eigentlich töten soll, zusammen und wird selbst zur Kämpferin (das Koma zuvor bleibt ihr trotzdem nicht erspart). Das ist auch nötig, denn ihre böse Schwiegermutter, die Königin, ist ein vampirähnliches Wesen, das die Lebensenergie aus Frauen saugt, um schön und mächtig zu bleiben. Das hat sie auch mit Snow White vor, immerhin der Schönsten im ganzen Land...
Die Märchen-Realverfilmung setzt auf massig Action, düstere Grusel-Bilder und so manche Schockmomente: Charlize Theron als skrupellose Vampir-Königin ist das surreale Herzstück des Films und lässt einem den kalten Schauer über den Rücken laufen. Der Huntsman (Chris Hemsworth) bekommt mehr Substanz und Snow White (Kristen Stewart) wird zur feministischen Action-Ikone, ohne ihre Märchen-Wurzeln zu verleugnen. Trotz schaurig-atemberaubender Atmosphäre eine respektvolle Verbeugung vor dem Original.
Die Ritter der Kokosnuß (1975)
Durchaus umstritten, aber trotzdem Kult – und innerhalb des Fantasy-Genres, auch wenn die Zuordnung irgendwie so verrückt-aberwitzig ist wie der Streifen selbst: "Die Ritter der Kokosnuß" der britischen Komikertruppe Monty Python ist eine herrlich-respektlose, aber gleichzeitig sehr kluge Satire auf die König-Artus-Sage und die Suche nach dem Heiligen Gral.
Die Story ist dünn oder eigentlich gar nicht vorhanden, die Gag-Dichte dafür umso höher und pointierter. Unvergessen zum Beispiel die Szene, auf den der Titel selbst anspielt: Weil Mony Python kein Geld für Special Effects oder gar Pferde hatte, wurde das Geräusch der Hufe offen vor der Kamera mit Kokosnüssen nachgeäfft ... ähm, nachgemacht. Dieser offensive Meta-Humor, verbunden mit selbstbewusster Anarchie, britischer Skurrilität und aberwitziger Gesellschaftsparodie mit philosophischen Versatzstücken machen "Die Ritter der Kokosnuß" zum radikalen Klassiker, der sämtliche Klischees des Fantasy-Genres lustvoll aufs Low-Budget-Korn nimmt.