Ganz nah dran: Die 13 besten Star-Dokus aller Zeiten
Von Manuel Simbürger
Selten schlugen Promi-Dokumentarfilme so hohe Wellen wie die von der renommierten "New York Times" inszenierte Reportage "Framing Britney Spears" über die Fan-Bewegung #freebritney sowie die Discovery+-Doku "Introducing, Selma Blair", in dem die "Eiskalte Engel"-Schauspielerin intime, berührende und schockierende Einblicke in ihren harten Kampf gegen die chronische Nervenkrankheit Multiple Sklerose gewährt. Zuletzt sorgte die Pamela-Anderson-Netflix-Doku "Pamela: Eine Liebesgeschichte" für zahlreiche Schlagzeilen.
Spears, Blair und Anderson sind nicht die einzigen Promis, deren Leben (oder zumindest ein Abschnitt davon) in einem Dokumentarfilm festgehalten wird. Seit einigen Jahren boomt der Trend, Fans hinter die Kulissen einzuladen und den Mythos eines Stars entweder noch zu bestärken oder zu dekonstruieren.
Der Vorteil für beide Seiten ist klar: Der Promi kann sich intim und menschlich zeigen, als "einer wie wir", er wird nahbarer und der Film ein verlängerter Arm seines Instagram-Profils. ZuschauerInnen wiederum freuen sich, "ihrem" Star über die Schulter blicken und stilles Mäuschen in der begehrenswerten Backstage-Ecke spielen zu dürfen.
Grob lässt sich zwischen autobiografischem und biographischem Dokumentarfilm unterscheiden. Bei ersterem nimmt der porträtierte Star das Zepter selbst in die Hand, bestimmt, was gezeigt und vor allem, was nicht gezeigt wird. Das kann schnell zu einem werbewirksamen und durch und durch subjektiven Selbstinszenierungs-Imagefilm werden, kann aber auch, mit ein bisschen Mut, intimere Einblicke als sonst ein Streifen bieten.
Bei biographischen Dokus wiederum wird der Star von einem/einer, im besten Falle unabhängigen, FilmemacherIn porträtiert, oftmals wird hier Objektivität größer geschrieben als bei cineastischen Autobiographien, die eine oder andere Tür kann in diesem Fall jedoch geschlossen bleiben.
Die 13 besten Star-Dokus aller Zeiten:
Rolling Thunder Revue: A Bob Dylan Story by Martin Scorsese (2019)
Die Doku fängt den besorgten Geist Amerikas im Jahr 1975 und die ganz besondere atmosphärische Musik ein, die Dylan im Herbst dieses Jahres auf der Bühne performte. Kein geringerer als Star-Regisseur Martin Scorsese kreierte ein einzigartiges Filmerlebnis, das Dokumentation, Konzertfilm und Fiebertraum in einem ist.
Das seltene Footage und die zuvor noch nie veröffentlichten Interviews kreieren ein Bild des legendären Musikers, das nicht mal eingefleischten Fans bekannt ist. Und typisch Dylan gibt's natürlich noch die eine oder andere philosophische Lebensweisheit obendrauf – wie zum Beispiel diese hier: "Life is about creating yourself." Danke, Bob!
The Beatles: Eight Days a Week - The Touring Years (2016)
Der Dokumentarfilm begleitet die legendäre Band während ihrer Tour-Jahre, und damit von ihren Anfängen im Hamburger Star Club Anfang der Sechziger bis zu ihrem letzten Konzert im Candlestick Park in San Francisco 1966.
Der Film geht der Frage nach, wie vier ganz unterschiedliche Persönlichkeiten aus Liverpool zusammen als Band funktionierten, ihre Entscheidungen trafen, Songs schrieben und dabei die außergewöhnliche Karriere der Beatles starteten – und ganz nebenbei die Welt im Sturm eroberten. Die Grundprämisse ist dabei ein Zitat von George Harrison, der bereits im Trailer zu hören ist: "We were normal, and the rest of the world was crazy."
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Demi Lovato: Dancing with the Devil (2021)
Der Ex-Disney-Star hat Erfahrungen mit persönlichen Dokus: Schon 2017 stellte Demi Lovato in "Simpley Complicated" klar, dass Lovato keineswegs bereit ist, Americas Sweetheart zu werden. Bereits damals stellte sich der Star vor laufenden Kameras ihren inneren Dämonen und erzählte über die Schattenseiten von Lebens und Karriere. So offen, mutig und verletzlich wie in "Demi Lovato: Dancing with the Devil" zeigte sich Demi Lovato aber zuvor noch nie:
Bewundernswert ehrlich spricht Lovato über den von zahlreichen Rückschlägen definierten Kampf gegen die Drogensucht sowie Essstörung und gibt Einblicke in die zerrüttete Seelenwelt. Erstmals erzählt Lovato zudem öffentlich von ihren zwei sexuellen Missbrauchserfahrungen. Hier wird nicht nur an der Oberfläche gekratzt, sondern diese mit grenzenlosem seelischen Schmerz zerstört. Ungewöhnlich auch die Veröffentlichung: "Demi Lovato: Dancing with the Devil" ist auf Lovatos YouTube-Channel zu sehen und auf mehrere Folgen aufgeteilt.
Jane Fonda in Five Acts (2018)
Mädchen von nebenan, Sexysmbol, Aktivistin, so genannte Verräterin, Fitness-Tycoon, Oscar-Preisträgerin: Superstar Jane Fonda hat ein faszinierendes Leben voller Kontroversen, Tragödien und Verwandlungen gelebt – und sie hat das alles in der Öffentlichkeit getan.
Die preisgekrönte Dokumentar-Filmerin Susan Lacy erinnert uns daran, dass Fonda seit jeher eine Vorreiterin in Sachen Feminismus und Gerechtigkeit war (und immer noch ist!) und geht mit uns auf eine einzigartige Reise mit einer einzigartigen Frau. Achtung: Danach wirst du die unbändige Lust verspüren, dir alle Jane-Fonda-Filme auf einmal reinzuziehen!
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Tina (2021)
Angereichert mit einer bemerkenswerten Fülle an nie zuvor gesehenem Filmmaterial, Tonbändern, persönlichen Fotos und neuen Interviews – darunter mit der Sängerin selbst! – präsentiert "Tina" (auf der Berlinale 2021 umjubelt!) einen ungeschminkten und sehr dynamischen Blick auf das Leben und die Karriere der Musikikone Tina Turner.
Wir erleben nochmals mit, wie die spätere Rock Queen mit Ende 40 eine ganz große Solokarriere startete, die ihr niemand zugetraut hätte. Uns läuft ein kalter Schauer über den Rücken, wenn es in der Doku um die gewaltvolle Ehe mit Ike Turner geht und darum, wie es Tina schaffte, sich aus diesen schmerzhaften Ketten zu befreien. "Tina" ist eine Hommage an eine der erfolgreichsten Sängerinnen aller Zeiten, aber auch eine Erinnerung daran, dass Opfer von Gewalt das Erlebte nie gänzlich hinter sich lassen können.
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The Last Dance (2020)
Die hochgelobte zehnteilige Doku-Serie, ursprünglich ausgestrahlt auf ESPN, begleitet Baskteball-Legende Michael Jordan bei seiner letzten Saison mit den Chicago Bulls 1997/98 und zeigt bisher unveröffentlichte Szenen.
Jordans Karriere ist eine Geschichte über Sieg und Niederlagen, über Träume, Hoffnungen, Opferbereitschaft und eiserne Disziplin. "The Last Dance" fesselt dank spannender Einblicke hinter die Kulissen, beispielhafter Musik- und Montageinsätze sowie Interviews mit weiteren NBA-Großkalibern wie Dennis Rodman und Scottie Pippen, wird aber vor allem von Jordans hochenergetischem Charisma getragen. Nicht nur für Sport-Fans interessant!
Billie Eilish: The World's a little blurry (2021)
Die 20-Jährige gehört zu den allergrößten Popstars der Gegenwart, eine eigene Dokumentation war da nur eine Frage der Zeit. "The World's a little blurry" ist ein gekonnter Mix aus Coming-of-age-Story und Erfolgstriumph, der sowohl die mystische Aura von Eilish einfängt, es aber gleichzeitig auch schafft, die Person hinter dem nie ganz greifbaren Mythos zu zeigen. Wir bekommen vor allem private Aufnahmen zu sehen, zum Beispiel beim Musizieren mit ihrem Bruder in Eilishs Kinderzimmer oder hinter der Konzertbühne, aber auch Live-Performances.
Immer wieder blitzt jedoch auch die Seele einer typischen Jugendlichen auf, die mit Trennungsschmerz zu kämpfen hat und vor allem damit, dass plötzlich die ganze Welt sie liebt, obwohl sie selbst nicht genau weiß, ob sie das eigentlich tut. Das ergibt eine groteske Aura, die den gesamten Film umgibt. Für das Eintauchen in Eilishs Welt (gefilmt wurde ganze drei Jahre lang!) braucht man aber Sitzfleisch: Die Doku dauert zweieinhalb Stunden.
Spielberg (2017)
In dieser rundum gelungenen HBO-Doku zieht Steven Spielberg, einer der berühmtesten Regisseure unserer Zeit, über seine Karriere Bilanz und lässt diese nachdenklich, aber auch humorvoll und vor allem immer sehr ehrlich revue passieren: Er erzählt davon, wie seine persönlichen Erfahrungen sein Filmemachen beeinflussten und wie sich seine Arbeit im Laufe der Zeit genau deswegen änderte. Er erinnert sich zum Beispiel an "E.T. – Der Außerirdische", "Jurassic Park" und "Schindlers Liste" – und bei uns ZuseherInnen werden viele süße (und manchmal auch verstörende) Kindheitserinnerungen wach.
"Spielberg" ist ein interessanter und aufschlussreicher Streifzug durch eine unglaubliche Reihe von Blockbustern, vor allem aber durch ein Stück Filmhistorie. Natürlich kommen auch zahlreiche Stars und Familienmitglieder von Spielberg zu Wort.
Homecoming – Ein Film von Beyoncé (2019)
"Homecoming" gewährt einen intimen Einblick in den frenetisch gefeierten Coachella-Auftritt von Beyoncé im Jahr 2018 als Hommage an die traditionellen Schwarzen Colleges und Universitäten in den USA. Mit seinen Aufnahmen und Interviews, die von der Vorbereitung und der beeindruckenden Idee hinter der Vision erzählen, zeichnet "Homecoming" die bewegende Entwicklung eines kreativen Entwurfs zur kulturellen Bewegung nach.
Beyoncé ist nicht nur Hauptdarstellerin der Doku, sondern auch Co-Regisseurin, der Film ist also von Beyoncé, über Beyoncé – und auch für Beyoncè? Wir bekommen natürlich nichts zu sehen, was wir nicht zu sehen bekommen sollen, "Homecoming" hat vor allem einen Zweck: den Beyhive weiter zu steigern und den geschichtsträchtigen Auftritt (Beyoncé war die erste Schwarze KünstlerIn, die das prestigeträchtige Festival als Headliner anführte) zu mythologisieren. Das ist okay, die Sängerin hat hier wirklich Großes geschaffen, dank etlicher politischer Statements und Zelebrierung von Black History wirkt die Doku auch nie zu platt. Bewusst sein sollte man sich darüber trotzdem.
Robin Williams: Come inside my mind (2018)
Ein lustiges, intimes und herzzerreißendes Porträt eines der beliebtesten und einfallsreichsten Komiker der Welt: "Robin Williams: Come Inside My Mind" wird größtenteils durch Williams' eigene Worte erzählt, was der Doku eine tragische Note verleiht.
Der thematische Bogen im Film spannt sich von den wilden 1970ern, die Williams in Los Angeles verbrachte, bis zu seinem tragischen Tod 2014. Anhand privater Home-Videos, Bühnenperformances und Interviews mit Familie und Freunden, darunter auch Whoopi Goldberg, Billy Crystal und Williams' Sohn Zak, wird ein außergewöhnliches und kreatives Bild eines ebenso außergewöhnlichen und kreativen Talents gezeichnet, das sich viel zu früh von der irdischen Welt verabschiedet hat.
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Miss Americana (2020)
"Miss Americana" schenkt uns einen authentischen und emotionalen Blick auf Taylor Swift, eine der berühmtesten Künstlerinnen unserer Zeit, und zeigt sie in einer Umbruchphase, in der sie die Anforderungen der Öffentlichkeit an sie und ihre eigenen Vorstellungen in Einklang zu bringen versucht.
Regisseurin Lana Wilson, die Swift mehrere Jahre begleitete, zeichnet ein klares und facettenreiches Bild einer internationalen Berühmtheit, die nicht nur ihre Rolle als Songwriterin und Sängerin findet, sondern auch lernt, als Frau das Meiste aus ihrer Stimme herauszuholen. Vor allem der Fokus auf die Diskrepanz zwischen Fremd- und Selbstbild und der Kampf um Selbstbestimmung hebt die Doku von anderen Popstars-Porträts ab und verleiht ihr eine interessante Tiefgründigkeit.
Bright Lights: Starring Carrie Fisher and Debbie Reynolds (2017)
Die Geschichte über eine komplizierte Liebe einer berühmten Familie: "Bright Lights: Starring Carrie Fisher und Debbie Reynolds" ist ein intimes und originelles Porträt der Hollywood-Elite mit all ihren Eigenheiten.
Der Inhalt: "Star Wars"-Ikone Carrie Fisher und ihre Mutter Debbie Reynolds leben im selben Luxus-Anwesen in Beverly Hills, die 83-jährige Grande Dame hat einen Auftritt in Las Vegas, der aber seinen Tribut fordert. Carrie reagiert darauf sowohl auf herzzerreißende als auch saukomische Art und Weise. Inklusive Vintage-Familienfilmen, die das ikonische Old Hollywood zum Leben erwecken, sowie umfangreichem Varieté-Filmmaterial ist die Doku ein herrlich nostalgisches Vergnügen.
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Gimme Shelter (1970)
"Gimme Shelter" über die Rolling Stones ist nichts weniger als ein Stück Zeitgeschichte. Inhaltlich geht es um die USA-Tour der Stones im Jahr 1969, im Fokus steht aber der Mordversuch an die Stones eines 18-Jährigen, der daraufhin von den Hells Angels, die als Tour-Security engagiert wurden waren, erstochen wurde. Die Hilflosigkeit angesichts der Katastrophe ist überwältigend spürbar. Die strengen Sicherheitsvorkehrungen, die die Band kurz darauf bei ihren Konzerten einführte, gelten bis heute als vorbildlich. Zudem werden wir ZeugInnen von den Eskapaden der Hells Angels, was einem durchaus Gänsehaut beschert.
"Gimme Shelter" ist aber auch ein Beweis für die musikalische Genialität der Rolling Stones, ihren Einfluss auf die Musikgeschichte und wie ihre Songs dem Ende der Gegenkultur einen Spiegel vorhielten. Bei seinem Erscheinen gefeiert als "wahres" Korrektiv zur Flower-Power-Utopie und verdammt als ultimatives "Exploitation"-Dokument, ist "Gimme Shelter" nicht einfach der Bericht vom Ende einer Ära, sondern der popkulturelle Auslöser desselben.
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