Jahresrückblick: Die 11 besten Amazon-Prime-Filme 2021
Von Manuel Simbürger
Was wir uns für 2022 wünschen? Das Ende der Pandemie natürlich – und dass Amazon Prime mehr – oder ehrlicher gesagt: besseren – Original Content liefert.
Versteht uns nicht falsch: Amazon Prime hat natürlich tolle Streifen für zahlreiche unterhaltsam-eskapistische Filmabende zu bieten. Aber vergleicht man das Original-Angebot mit Netflix, aus dessen Haus regelmäßig Oscar-KandidatInnen und sogar -GewinnerInnen hervorgehen, mahlen die Mühlen der Amazon-Eigenproduktionsschmiede doch um einiges langsamer, vorsichtiger und am Ende in gewohnteren Bahnen.
Aber es gibt sie dann doch, die berühmten Ausnahmen, die die Regel bestätigen...
Die 11 besten Amazon-Prime-Filme 2021:
Framing Britney Spears
Selten schlug ein Promi-Dokumentarfilm so hohe Wellen wie "Framing Britney Spears" Anfang des Jahres: Die von der renommierten "New York Times" inszenierte Aufdecker-Reportage, die zwar nicht aus dem Amazon- Prime-Video-Hause stammt, aber im deutschsprachigen Raum eben dort vertrieben wird, nimmt sich dem Vormundschafts-Streit rund um den größten Popstar der Neunziger Jahre an und rekonstruiert, wie die Fan-Bewegung #freebritney entstand.
Mindestens ebenso schockierend ist es, noch einmal mitzuerleben, welchem offenen Sexismus Britney seit Beginn ihrer Karriere ausgesetzt war und wie die junge Frau mehr und mehr zum profitablen Spielball der Medien wurde. Eine Hommage, die Augen öffnet.
The Tomorrow War
Mit dem Sci-Fi-Actioner "The Tomorrow War" ist Chris Pratt seinem (von uns vermuteten) Ziel, Tom Cruise als größten Action-Star der jüngeren Popkultur abzulösen, einen großen Schritt näher gekommen. Nicht nur, dass er hier auch als Produzent fungiert, Pratt spielt natürlich auch die Hauptrolle – und zwar die des Durchschnitts-Amerikaners und Highschool-Lehrers Dan, der von Zeitreisenden rekrutiert wird, um 30 Jahre in der Zukunft gegen tödliche Aliens zu kämpfen.
Die großen Erwartungen konnte das effektgeladene Spektakel zwar nicht erfüllen, humoristisch, recht spannend und bildgewaltig geht's aber durchaus zu – ein kurzweiliger Filmabend ohne allzu viel Tiefe, dafür zum Entspannen ist also garantiert. Die wunderbare Yvonne Strahovski ("The Handmaid's Tale") ist dank ihres gewohnt nuancierten Spiels einmal mehr eine Offenbarung. Verantwortlich für "The Tomorrow War" zeichnet "The LEGO Movie"-Macher Chris McKay.
Der Prinz aus Zamunda 2
"Der Prinz aus Zamunda" gehört zu den absolut erfolgreichsten Filmen der 1980er Jahre und gilt als eine der Säulen, auf denen Eddie Murphy seinen (zumindest einige Jahre lang geltenden) Kult-Status aufbauen konnte. Nach etlichen Star-Allüren und privaten Skandalen versuchte der Comedian 2021 ein Comeback – und zwar mit der Fortsetzung des royalen Spaßes, in dem er (alias Akeem) kurz vor seiner Krönung erfährt, dass er einen Sohn in New York hat. Also kehrt er erneut nach Amerika zurück, um den Nachwuchs kennenzulernen ...
Für Fans des Originals und überkandidelten Culture-Clash-Humors.
Die Tanzenden
Die französische Produktion erzählt die Geschichte der leidenschaftlichen Eugénie (Mélanie Laurent), die Ende des 19. Jahrhunderts lebte. Eugénie besitzt die Gabe, die Toten hören zu können. Nachdem ihre Familie ihr Geheimnis entdeckt hat, wird sie in die Psychiatrie eingewiesen – ohne somit aber freilich ihrem Schicksal zu entkommen...
Das übersinnliche Psychodrama verwehrt sich effektiven Jump Scares, vielmehr gelingt es dem Streifen, mit leisen Tönen Gänsehaut zu verursachen und sich in die Synapsen der ZuschauerInnen einzunisten. Der eigentliche Höllentrip ist die willkürliche Unterdrückung von Frauen, die aufwühlt und einem mitten in der Magengegend trifft.
De Oost
Dieser niederländische Antikriegs-Film erzählt den indonesischen Unabhängigkeitskrieg gegen die Niederlande nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Sicht eines jungen Soldaten. Dieser ist bald hin- und hergerissen zwischen Pflicht und Gewissen, als er sich der Elitetruppe des zunehmend rücksichtslosen Kommandanten Raymond Westerling anschließt.
Ein schonungsloser Blick auf ein wichtiges Stück niederländischer Historie, das einmal mehr betont, dass Krieg nicht nur körperlicher, sondern auch psychischer Wahnsinn bedeutet. Es ist ein filmisches Klagelied, das Fragen aufwirft, und auch nicht davor zurückschreckt, anzuecken. Hier wird der Ausnahmezustand, aber auch die Desillusionierung zum Alltag.
Sechzehn Stunden Ewigkeit
Zwei Jugendliche leben in den Tag hinein, den sie immer wieder erleben, die Ewigkeit wird für sie zur Realität. Die beiden erkennen aber den Vorteil daran: Sie konzentrieren sich auf die wunderschönen, erstaunlichen und perfekten Details, denn die sind es, die das Leben erst so wunderbar machen.
Klingt nach Kitsch, ist aber sehr ergreifend und hat das Herz am rechten Fleck. Das Zeitschleifen-Motiv eignet sich als tolle Metapher für die Höhen und Tiefen der Pubertät und wird angenehm spektakulär-unspektakulär in Szene gesetzt.
Encounter
Asteroiden, die die Erde bedrohen, scheinen 2021 wieder en vogue zu sein (vielleicht, um als massentaugliche Pandemie-Metapher herzuhalten): Während Netflix sich dem Thema mit viel bissigem Humor und noch mehr Stars in "Don't look up" nähert, wird die nicht greifbare Gefahr im Amazon-Prime-Sci-Fi-Actioner "Encounter" zu einem actiongeladenen und perfiden Psychotrip, der sich der ur-menschlichen Angst vor der unsichtbaren Bedrohung annimmt.
"Encounter" ist gleichzeitig eine respektvolle Verbeugung vor Genre-Klassikern, bei denen zwar die Grenzen zwischen Gut und Böse vermischen, die Familie als ur-amerikanischer Hafen der Sicherheit aber auch dann noch Bestand hat, wenn die Welt schon längst dem Untergang geweiht ist. Stille Charaktermomente inklusive.
Alle reden von Jamie
Inspiriert von wahren Begebenheiten: "Alle reden von Jamie" ist die Verfilmung des preisgekrönten Musicalhits aus dem Londoner West End und handelt von Teenager Jamie New (Newcomer Max Harwood), der in einer englischen Arbeiterstadt aufwächst, aber vom Leben auf der Bühne träumt – und zwar als larger-than-life Drag Queen! Der Weg dorthin ist kurvig, steinig, aber auch mutmachend.
"Alle reden von Jamie" ist ein farbenfrohes und mitreißendes Musical-Plädoyer über Toleranz, Anders-Sein, den unermesslichen Wert der eigenen Person – und was es braucht, um aus der Dunkelheit hinaus ins Rampenlicht zu treten.
Tom Clancy's Gnadenlos
Basierend auf dem gleichnamigen Roman des zeitlosen Action-Bestseller-Autors: Nachdem russische Soldaten seine Familie im Rahmen eines Vergeltungsaktes brutal ermordeten, hat Top-Soldat John Kelly (Michael B. Jordan) nur noch ein Ziel: die Mörder zur Strecke zu bringen – und dabei ist er mehr als bereit, als Vermächtnis blutrote Zeilen in den Wind zu schreiben. Bei seiner Rachetour stolpert er allerdings über eine Verschwörung, die versucht, die USA und Russland in einen Krieg zu verwickeln...
Erfindet das Genre-Rad nicht neu, hält aber das Adrenalinlevel konstant hoch und lässt den Puls des Publikums von Beginn an höher schlagen.
Being the Ricardos
Im Fokus stehen Schauspiel-Legende Lucille Ball (nicht wiederzuerkennen: Nicole Kidman) und ihr Ehemann Desi Arnaz (Javier Bardem), die 1952 eine weitere Folge der Hit-Sitcom "I love Lucy" abdrehen sollen. Business as usual, möge man denken.
Doch dem Powercouple werden diesmal so einige Hürden in den Weg geworfen: Arnaz wird von der Boulevardpresse eheliche Untreue vorgeworfen und Ball steht plötzlich im Visier von McCarthys "Komitee für unamerikanische Umtriebe". Und dann steht da noch ein Schlagwort namens Feminismus im konservativen Fifties-Raum.
Das tragikomische und immer genau den richtigen Ton treffende Biopic bietet einen spannenden und vor allem komplexen Einblick hinter die Kulissen der sogenannten Traumfabrik. Zudem beweist der Streifen einmal mehr, dass Kidman zu den wandlungsfähigsten SchauspielerInnen gehört, die Hollywood derzeit zu bieten hat.
One Night Off
Mittzwanziger Noah (Shootingstar Emilio Sakraya) ist frischgebackener Vater, aber so ganz hat er sich an seine neue Rolle noch nicht gewöhnt. Das ist nicht nur ihm selbst, sondern leider auch seiner Freundin Marie und deren kontrollwütiger (und überaus misstrauischer) Schwester Sarah bewusst. Als Marie beruflich verreisen muss, sieht Noah endlich die Möglichkeit gekommen, es allen und vor allem ihm selbst zu beweisen: Er ist der Daddy-Rolle würdig!
Doch just an diesem Abend fleht Noahs bester Kumpel Baumi ihn an, ihn zu ihrem Lieblingsclub zu begleiten, der nach einem letzten Megagig für immer die Tore schließt. Widerwillig stimmt Noah zu – und mit Baby sowie Schwägerin im Schlepptau stolpern die beiden von einem Chaos ins nächste. Turbulent, modern, kurzweilig, lustig, gelungen!