Ein Schlag gegen das Leben: Die besten Boxerfilme aller Zeiten
Von Manuel Simbürger
Derzeit sorgt "Creed III – Rocky's Legacy" für volle Kinosäle, aufgrund des großen Zuspruchs soll Michael B. Jordan (Regisseur, Produzent und Hauptdarsteller in Personalunion) sogar schon an einem gesamten "Creed-verse" arbeiten. Es mag die Verbindung zur Box-Legende Rocky sein oder Jordans gestählt verschwitzter Körper, was uns am Film so sehr begeistert.
Aber es ist wohl auch der Mikrokosmos Boxring, in der jeder Schlag zum großen Triumph oder qualvollen Niederlage wird, in der das Animalische über die Vernunft siegt und in dem das biblische Gesetz "Auge um Auge, Zahn um Zahn" so dominiert wie nirgendwo sonst in der Gesellschaft.
Der Boxsport ist seit jeher ein beliebtes Filmthema und hat sich über die Jahrzehnte gar als eigenes Untergenre des Sportfilms etabliert. Der Kampf im Boxring, natürlich der Höhepunkt des Drehbuchs, wird beinahe zu einem Kammerspiel und für eine kurze Zeit dürfen wir uns von der Komplexität der modernen Welt verabschieden: Im 1:1-Kampf überlebt schlicht der Stärkere, für nuancierte Grautöne ist hier kein Platz.
Vor allem aber sind Boxfilme immer auch eine Hommage an die menschliche Willenskraft und die teils unvorstellbare Leistung, zu der unser Körper in Extremsituationen fähig ist. Sportfilme sind fast immer auch Charakterporträts und -dramen, eine Milieustudie und eine Untersuchung der menschlichen Psyche zugleich. Der Held (manchmal auch die Heldin), der buchstäblich gegen alle Widrigkeiten des Lebens ankämpft und in seiner Farce nicht selten die moralische Verwundbarkeit der Gesellschaft endgültig freilegt. Anders ausgedrückt: Der Weg in den Boxring ist immer auch eine HeldInnen-Reise.
Die 6 besten BoxerInnenfilme aller Zeiten:
Wie ein wilder Stier (1980)
"Wie ein wilder Stier" (OT: "Raging Bull") gilt als einer der allerbesten Filme von Martin Scorsese und als die beste Darstellung von Robert De Niro, der für seine entfesselnde, wütende und doch nachvollziehbare Darstellung des berühmt-berüchtigten Boxers Jake LaMotta mit dem Oscar geehrt wurde. De Niro legte für die Rolle satte 30 Kilogramm zu und unterzog sich einem intensiven als auch quälenden Boxtraining.
Scorsese holt uns ZuseherInnen mit in den Ring, jeder brutale Schlag, jeder rechter Haken trifft uns selbst mitten ins Gesicht und in die Magengegend. Hier fließt das Blut genauso wie bei "Rocky" der Schweiß des Stolzes. "Wie ein wilder Stier" ist die (beinahe ausschließlich in Schwarz-Weiß gedrehte) filmische Analogie zu Grausamkeit, Brutalität und toxischer Männlichkeit – mit Boxszenen, die zu den besten der Film-Historie zählen. Schonungslosigkeit ist hier das Gebot der Stunde.
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Rocky (1976)
Mit "Rocky" (und den fünf Fortsetzungen) setzte Sylvester Stallone der Kinogeschichte, aber auch sich selbst ein unsterbliches Denkmal: Der aus ärmlichen Verhältnissen stammende Rocky Balboa glaubt fest an den großen amerikanischen Traum und will sich diesen als Boxer verwirklichen. Der Aufstieg zur Legende ist allerdings hart, nicht nur sein Körper, sondern auch sein Geist gelangen an Grenzen, an denen es nicht weiterzugehen scheint. Aber wo andere zusammenbrechen, lacht er mit schmerzverzerrtem Gesicht und erklimmt auch die letzte Stufe.
Stallone schrieb auch das Drehbuch zum Kult-Film und glaubte genauso wie Rocky unbeirrbar an sich selbst. Damals war der heutige Mega-Star bettelarm, zudem musste er verbissen um die Hauptrolle kämpfen. Es ist diese faszinierende Verbindung zwischen Fiktion und Wirklichkeit, die "Rocky" zum Inbegriff des Sportfilms im Allgemeinen macht.
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Million Dollar Baby (2004)
Endlich mal ein Boxfilm mit einer weiblichen Protagonistin: In "Million Dollar Baby" mimt Hollywood-Legende Clint Eastwood den launischen Trainer Frankie Dunn (nebenbei war Eastwood auch noch Regisseur, Produzent und kümmerte sich um den Soundtrack), der beschließt, sich der Kellnerin Maggie (Hilary Swank) anzunehmen, ein Roh-Diamant im Ring.
Und mehr soll gar nicht verraten werden, denn was wie ein herkömmlicher Sportfilm beginnt, entwickelt sich zu einem erschütternden menschlichen Drama über Loyalität und Schicksal, das so unvorhergesehen daherkommt wie ein gefinkelter Faustschlag des/der Box-GegnerIn. Statt einem Happy End gibt's hier eine Auflösung, an der man noch lange zu knabbern hat.
Fun Fact: "Million Dollar Baby" ist der einzige Film, in dem man Eastwood vor der Kamera weinen sieht. Das sagt eigentlich schon alles. Zudem gab's vier Oscars, unter anderem für "Besten Film" und für Swank als "Beste Haupdarstellerin", die hier die Leistung ihres Lebens abliefert.
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Die Hölle ist in mir (1956)
Um die Rolle eines Boxtalents glaubwürdig darzustellen, braucht es auch hinter der Kamera ein (schauspielerisches) Schwergewicht: Wie Jahrzehnte später De Niro und Stallone liefert Legende Paul Newman in diesem Sportfilm einer der besten Darstellungen seiner ohnehin schon beeindruckenden Karriere ab – und das, obwohl das Filmstudio ursprünglich James Dean haben wollte ...
Basierend auf der Autobiographie des Boxers Rocky Graziano (1919–1990) erzählt "Somebody Up There Likes Me" (so der Originaltitel) von der persönlichen Wandlung Grazianos, der sein Leben im Gefängnis gegen das im Boxring eintauscht – denn nur dort hat findet er ein gesellschaftstaugliches Ventil für seine brodelnde Wut. Neben Newman sind auch Steve McQueen und Robert Duvall in (Mini-)Rollen zu sehen. Insgesamt gab's für "Die Hölle ist in mir", der mit eher zarter Wildheit brilliert, zwei Oscars.
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The Fighter (2010)
Christian Bale als abgemagerter drogensüchtiger Dicky möchte seinen Halbbruder Micky Ward (Mark Wahlberg) trainieren, weil er von dessen Fähigkeiten als Boxer überzeugt ist. Als Micky tatsächlich Erfolge erzielt, kommt es allerdings mit seiner Familie (Melissa Leo gibt die sich durchs Leben kämpfende Mutter) zur nervenaufreibenden Zerreißrobe ...
Die im besten Sinne offene Wunde des ohnehin schonungslos blutenden Films ist Christian Bale, zurecht mit einem Oscar geehrt: Mühelos spielt er mit Mut zum Seelenstrip und körperlicher Hingabe seine Co-Stars an die Wand – bis auf Powerfrau Melissa Leo, die ebenfalls einen Academy Award für ihre Rolle einheimsen konnte.
Neben den großartigen schauspielerischen Leistungen besticht "The Fighter" mit einer authentischen Darstellung der ArbeiterInnenklasse und einer hoffnungslosen Aura, die in jeder Szene zu spüren ist. Intensiv, dreckig, beeindruckend!
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Southpaw (2015)
Halbschwergewichts-Weltmeister Billy Hope ist ganz oben angelangt, er befindet sich am Zenit seines Erfolgs. Dafür verantwortlich sind nicht nur hartes Training und eiserne Disziplin, sondern auch seine Ehefrau Maureen, die er über alles liebt. Es könnte für Billy also nicht besser laufen – bis Maureen eines Tages unerwartet stirbt, was Billy vollkommen den Boden unter den trainierten Füßen wegzieht ...
"Southpaw" schockiert mit knallharten Box-Szenen und einem bis an die Grenzen gehenden Jake Gyllenhaal, der sich wieder mal nichts schenkt und wie eine unkontrollierbare Naturgewalt wirkt. Auch Forrest Whitaker als Tick Wills überzeugt auf voller Linie. Die ausgewogene Balance aus Sportfilm und Charakterstudie ergibt eine düstere Atmosphäre, die einen in den Bann zieht und so schnell nicht mehr loslässt.
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