Filmkritiken

"The Green Hornet": STICHFESTE ACTION

Jetzt ist es also endlich so weit und wir können nachprüfen, ob es von Nachteil war, dass Christoph Waltz durch Hollywood vereinnahmt und auf die Rolle des Bösewichts festgelegt wurde.

Gerade die ungewöhnlichen Helden sind seit einiger Zeit dabei, die altgedienten Supermänner des Comicuniversums zu überflügeln: man denke nur an die seelisch angeschlagenen Protagonisten aus „Watchmen“ oder die extravagante Crew von „Kick-Ass“. Auch ein schmächtiger Seth Rogen, der sich als Verleger Britt Reid zum maskierten Verbrecherschreck mausert, passt gut in diese Gesellschaft. Durch seinen erfindungsreichen und schlagkräftigen Chauffeur Kato (dem koreanischen Rap-Star Jay Chou) mit den nötigen technischen Finessen ausgestattet, kommt der gelangweilte Millionenerbe mit Vaterkomplex auf den Geschmack an Aktivitäten jenseits des Jetsets und greift nachhaltig ins kriminelle Nachtleben von Los Angeles ein.

Das Besondere an dem neuen Stachelwesen ist seine verkorkste Psyche: wenn andere nachtaktive Maskenmänner ihre Haut riskieren, tun sie das aus Idealismus; – doch der schnöselige Verlegersohn will nur sein Ego aufpolieren und in der eigenen Zeitung als unerkannter Schlagzeilenlieferant fungieren. Dafür nimmt er auch in Kauf, in seiner neuen Identität offiziell selber als Gesetzesbrecher zu gelten und gleicherweise von Gangstern und Polizisten gejagt zu werden.

Regisseur Michel Gondry würde wir ja eher dem Independent-Sektor zuordnen und nicht mit einem Blockbuster in Verbindung bringen: immerhin stammen von ihm das erinnerungs-würdige Meisterwerk „Vergiss mein nicht“ und die liebenswerte Komödie für Hobby-Filmer „Abgedreht“. Gondry verleugnet seine Wurzeln auch gar nicht, sondern bringt in seinen neusten Film jede Menge absolut genre-untypischer Wendungen mit ein.

Würde sich etwa Batman mit Robin prügeln? Definitiv nicht. The Green Hornet und sein Sidekick Kato kennen da keine Hemmungen und regeln ihre Differenzen mit handfesten Argumenten. Wenn dabei die Wohnungseinrichtung zu Bruch geht, erinnert die Szene an eines jener legendären Gefechte zwischen Inspektor Clouseau und seinem Diener Kato (welch verblüffende Namensgleichheit übrigens!).

Waltz selber hat mit Superhelden oder Graphic Novels nichts zu schaffen und kennt sich in dieser Materie überhaupt nicht aus: daher legt er - ohne grelle Überzeichnung - den Gangster Chudnovsky mit osteuropäischen Wurzeln als Kabinettstück eines von Minderwertigkeitskomplexen geplagten Psychopathen an, der darunter leidet, plötzlich nicht mehr in zu sein, weil er sich nicht modisch genug kleidet und sein Name sowieso unaussprechbar ist. Auch in der deutschen Version verbreitet Waltz zum Glück mit seiner eigenen Stimme wohlartikulierten –- obzwar stark akzentuierten - Schrecken und seine einzige Liebe scheint einer doppelläufigen Waffe mit Übergröße zu gelten.

Obwohl die Figur der maskierten Hornisse auf eine Radioserie der 1930er Jahren zurückgeht, lässt sie in Gondrys aktueller Version so manchen zeitgenössischen Comichelden alt aussehen, und Christoph Waltz profiliert sich zudem mit vollem Recht als neuer Lieblingsbösewicht Hollywoods (das hätten wir ihm auch ohne 3D geglaubt).

Ich vergebe stichfeste 8 Punkte auf meiner 10stelligen cinematorgrafischen Insektizidskala.

franco schedl

Alle Inhalte anzeigen